Der Standort des eigenen Unternehmens ist mit eine der wichtigsten Entscheidungen, die du als (ortsunabhängiger) Unternehmer zu treffen hast und für diesen Entscheidungsprozess braucht es mehr als nur etwas Intuition, sondern sowohl einen langfristigen Plan als auch einen umfangreichen Katalog an Kriterien, die diese Standortfrage beeinflussen.

Die folgende Aufstellung gibt dir einen guten ersten Anhaltspunkt, was du bei der Auswahl deines zukünftigen Unternehmensstandorts und der Rechtsform des Unternehmens alles bedenken solltest.

Budget

Beginnen wir gleich mit einem der wichtigsten Punkte bei der Unternehmensgründung.

Ohne Moos nichts los.

Unterschiedliche Unternehmensformen und Länder bringen ganz verschiedene Anforderung an dein Vermögen mit. So ist eine Registrierung als Einzelunternehmer in den meisten Ländern noch vergleichsweise preiswert, für eine haftungsbeschränkte Gesellschaftsform hingegen musst du in einigen Ländern schon wieder tiefer in die Tasche greifen und ein gewisses Stammkapital in die Gesellschaft einzahlen, und manche Aktiengesellschaften (evtl. noch mit späterer Börsennotierung) können auch schon sechsstellige Beträge allein für ihre Gründung benötigen.

Hier gilt es für dich zu überlegen, was du dir überhaupt leisten kannst, und was zu deiner Unternehmung in einem gesunden Verhältnis steht. Einen kleinen Onlineshop als Schweizer Aktiengesellschaft zu betreiben kann total überzogen sein, während ein Handel mit Nahrungsmitteln oder Medikamenten in einem Einzelunternehmen ohne Haftungsbeschränkung auf der anderen Seite schon grob leichtsinnig sein dürfte. Auch solltest du nicht so viel für die Gründung bzw. Gesellschaftssform bezahlen, dass danach kein Geld mehr für den eigenen Geschäftsbetrieb zur Verfügung steht.

Alleine oder mit Anderen

Wenn du dein Unternehmen komplett allein startest, was für viele kleine Selbständige (modern inzwischen Solopreneure genannt) durchaus der Normalfall ist, da von dem Unternehmen erst einmal nur der eigene, persönliche Lebensstil finanziert werde soll, hast du natürlich die komplette Freiheit wo und wie du dein Unternehmen gründest.

Planst du hingegen in größeren Dimensionen, sei es ein Unternehmen mit mehreren dir schon vorher bekannten Partnern (Freunde, Familie, ehemalige Kollegen, etc.) gehört es hier nicht nur zum guten Ton, sich vorher gemeinsam abzusprechen und eine Unternehmensform zu finden, die für alle Beteiligten passt. Vielleicht möchtest du um die Welt reisen, während dein Geschäftspartner zuhause im Heimatland bleiben möchte? Das stellt ganz andere Anforderungen an die Strukturierung, als wenn ihr beide zusammen reist oder beide fest im gleichen Land wohnt.

Noch eine andere Qualität bekommt die Frage der Unternehmensform, wenn fremde Dritte mit involviert sind. Seien es qualifizierte Mitmenschen, die du als Co-Founder für die Unternehmung gewinnen konntest und die sich aktiv mit ins Tagesgeschäft einbringen, oder einfach nur passive Kapitalgeber (Banken, Venture Capital, etc). Beide dürften bei der Auswahl der Gesellschaftsform und des Standortes, sowie auch vielen kleinen Teilen des Gesellschaftsvertrages, einiges mitreden wollen.

Richtig große Unternehmen werden so gut wie nie von Einzelkämpfern gestartet. Aber vielleicht willst du auch gar nicht das nächste Amazon werden. Damit sind wir schon beim nächsten Thema:

Unternehmensgröße

Wenn du das nächste große Tech-Startup werden willst, musst du andere Geschütze auffahren, als wenn du aus der Hängematte auf Bali ein wenig Amazon FBA machst oder ein paar Onlinekurse verkaufst.

Zwar gibt es in den meisten Ländern keine gesetzlichen Mindest- oder Maximalgrößen für eine gewisse Unternehmensform (z.B. ist der große deutsche Texilproduzent Trigema ein Einzelunternehmen) doch skalieren gewissen Unternehmensformen besser oder schlechter als andere.

Für den kleinen Onlinekursverkauf kann (zumindest anfangs) eine Einzelunternehmung ausreichen, wird aber schnell ab gewissen Einnahmeschwellen steuerlich sehr unspannend, wenn du alles mit deinem persönlichen privaten Steuersatz versteuern musst, und dein Steuerwohnsitz nicht gerade in einem Niedrigsteuerland liegt.

So kommen ab gewisser Unternehmensgröße fast immer Kapitalgesellschaften (manchmal auch exotischere Dinge wie Vereine, Genossenschaften, Stiftungen, etc.) ins Spiel, um nicht nur die steuerliche Lage zu verbessern sondern auch komplexere Besitzstrukturen abzubilden oder ein ausreichendes Level an Transparenz am Markt zu erzeugen. Eine Aktiengesellschaft, deren komplette „Zahlen“ von Dritten jederzeit online eingesehen werden können, genießt ein größeres Vertrauen (und z.B. auch eine bessere Kreditwürdigkeit), als eine intransparente GbR.

Haftungsbeschränkung

Wie bereits oben erwähnt, ist es in gewissen Branchen fast unabdingbar mit einem haftungsbeschränkten Unternehmen an den Markt zu gehen, um nicht beim kleinsten Problemfall (z.B. verdorbener Ware, Markenrechtsverletzung) oder auch schlecht gelaunter Wettbewerber mit größerem Budget in Grund und Boden verklagt zu werden. Als Einzelunternehmer oder z.B. GbR haftet man hier unbeschränkt mit seinem persönlichen Privatvermögen, was schnell nicht nur das Ende des Unternehmens sondern auch die eigene Privatinsolvenz zur Folge haben kann.

Meist ist das zusätzliche Geld, dass man in eine Unternehmensform mit Haftungsbeschränkung steckt die beste Investition, die man am Anfang tätigen kann. Denn geht danach etwas schief und die haftungsbeschränkte  Gesellschaft geht „pleite“, bleibt das persönliche Vermögen erhalten und man hat genug Startkapital um etwas neues aufzubauen.

Unterschiedliche Länder kennen hier aber verschiedene Stärken der Haftungsbeschränkung. Während in einem großen Teil von Ländern die Gesetze eine Durchgriffshaftung kennen, wenn die Inhaber oder Geschäftsführer strafbare Handlungen ausüben,  so sind die Schutzlevel für Themen wie Fahrlässigkeit auf der Welt sehr unterschiedlich aufgebaut. Hier kann es sich auf jeden Fall lohnen, über die eigenen Landesgrenzen hinaus zu schauen, ob es nicht im Ausland eine Gesellschaftsform gibt, die sich besser für die spezifischen Risiken des Geschäftsmodells eignet.

Image und Unternehmenswerte

Nicht zu unterschätzen ist auch das zukünftige Image des Unternehmens. Will man als kleiner, lokaler Player von nebenan wahrgenommen werden, wirkt eine extrem exotische Gesellschaftsform eher verwirrend und unglaubwürdig, während man mit als kleine Personengesellschaft bei Großkonzernen oder staatlichen Auftraggebern, mit denen man „auf Augenhöhe“ verhandeln will, eher keinen wirklich souveränen Eindruck hinterlässt.

Ein wenig passt hier auch der von vielen (Online-)Entrepreneuren verwendete Slogan „fake it until you make it“ (spiele anderen etwas vor, bis du das vorgespielte erreicht hast) mit hinein. Es mag verführerisch sein, sein Ein-Mann oder Ein-Frau-Business hinter einer komplex aufgestellten Holdingstruktur zu verstecken, sich ein (virtuelles) Büro in Manhattan anzumieten und dreistellige Durchwahlen für seine Telefonnummern zu verwenden (die dann alle beim gleichen billigen Call Center in Indien ankommen), doch bröckelt diese Illusion nach außen sehr schnell, wenn man dann nicht auch die entsprechenden Ressourcen auffahren kann, wenn auf einmal ein Großkunde mit Auftag droht.

Mit einem authentischen Auftreten nach außen ist man hier auf jeden Fall besser bedient als mit „fake it“.

Hinzu kommt hier noch das Thema der Unternehmenswerte, also dem was das Unternehmen in der Welt erreichen will. Ist man nur wegen des Geldes im Spiel, sind die ganzen klassischen Unternehmensformen auch das, aus dem man schöpft und auswählt, steht jedoch ein ideelleres Ziel dahinter sollte man sich auch mit etwas exotischeren Unternehmensformen wie Non-Profits, gemeinnützigen Kapitalgesellschaften, Vereinen etc. genauer beschäftigen. Ein Verein zur Rettung der Weltmeere – sei er auch noch so kapitalistisch – schafft eine bessere Außenwirkung als eine Kapitalgesellschaft und eine gemeinnützige GmbH im Gesundheitswesen erweckt vielleicht mehr Patientenvertrauen als ein „big pharma“ Konzern.

Märkte (und Embargos) 

Nicht in jedem Markt oder Land kann auch jede Unternehmensform auch ohne Widerstände genutzt werden. Wenn du als Europäer diesen Text liest, bist du wahrscheinlich von den Wundern des EU-Binnenmarkts verwöhnt, dass du mit einer niederländischen BV einfach in Rumänen eine Zweigniederlassung gründen kannst und von dort Käse aus Österreich importieren und lokal verkaufen kannst. Dieses Wunder gibt es leider nicht überall auf der Welt und in vielen Ländern kannst du vor Ort nur mit der dort lokal vorhandenen Unternehmensform auftreten und Geschäfte machen. Eine estnische OÜ in Brasilien einzutragen würde also eher an ein Wunder grenzen.

So kann es je nach deinem Geschäftsmodell nötig sein, nicht nur ein sondern gar mehrere Unternehmen zu gründen um alle Märkte zu bedienen, die du dir vorgenommen hast.

Eine Besonderheit stellen hier noch Handelsembargos dar, die einige Länder trennen. So kannst du z.B. mit einer US Corporation in den meisten Fällen deine Produkte nicht nach Kuba verkaufen. Solche Hemmnisse solltest du vorher ausgiebig recherchieren, bevor dann auf einmal dein Container mit Ware aus China im Zoll fest steckt.

Kunden

Was der Kunde nicht kennt, kauft er nicht.

In vielen Ländern sind Kunden sehr konservativ und kaufen am liebsten lokal, oder zumindest bei Unternehmen(sformen) die sie kennen. So wird ein deutscher oder österreichischer Endkunde oft mit mehr Vertrauen bei einer lokalen GmbH kaufen als von einer „ominösen“ Singapur Limited, oder der Spanier lieber von einer spanischen SL als einer lettischen SIA.

Gerade wenn du dich mit deinem Produkt an (konservative) Endkunden wendest, kann hier also ein Unternehmen vor Ort zusätzliche Kaufanreize schaffen. Wenn es um eine spätere Steueroptimierung geht, kann das Geld von dort aus natürlich in Länder mit besseren Standortvorteilen fließen.

Im B2B (Business-to-Business) Geschäft haben sich diese Vorurteile in den letzten Jahren schon sehr gelegt, gerade bei kleinen inhabergeführten Unternehmen kann es durchaus schon vorkommen, dass der Kunde die Frage stellt „und warum sitzen Sie auf Malta?“ und da sollte schon eine ausgefeiltere Antwort als „wegen den Steuern“ oder „wegen des schönen Wetters“ parat liegen, die zum Image des Unternehmens passt, dass du vermitteln willst.

Geschäftsmodell

Für reine (online) Dienstleistungen eignen sich manche Unternehmensformen besser als für physische Produkte und umgekehrt.

Während du bei physischen Produkten, die ggf. noch international verschifft werden müssen, eher darauf schauen musst, dass das Unternehmen sowohl im Start- als auch im Zielland deiner Ware gut „funktioniert“ ist es bei digitalen Dienstleistungen einfacher wenn die Rechnung aus einem exotischeren Ort kommt, der mit der lokalen Wirtschaft nicht viel zu tun hat.

Staatsbürgerschaft und persönlicher Aufenthaltsort

Nicht für den Bürger jeden Landes ist die Gründung einer Gesellschaft in einem anderen Land einfach oder teilweise sogar unmöglich.

Bis vor kurzem gab es z.B. im Emirat Dubai ein Gesetz, dass lokale Gesellschaften immer zu mindestens 51% einem Emirati (Staatsbürger) gehören mussten und zu maximal zu 49% einem Ausländer.

Neuseeland hingegen verlangt für den Betrieb einer neuseeländischen LTC einen lokalen Geschäftsführer, die USA (sowohl für In- als auch Ausländer) einen Agenten vor Ort am Sitz der Gesellschaft.

Zudem haben viele Länder sogenannte Außensteuergesetze (CFC Rules), die dir zwar erlauben, also Bewohner dieses Landes Auslandsfirmen zu führen oder zu besitzen, aber diese dann so zu besteuern, als wären sie lokale inländische Gesellschaften, was dann eventuell eingeplante Steuervorteile zu nichte macht und für doppelten Aufwand bei Bilanzierung und Steuererklärung sorgt und damit den Betrieb solcher Gesellschaften oft komplett unattraktiv macht.

Nicht zuletzt ist beim Thema Aufenthaltsort und Staatsbürgerschaft wichtig, ob deine persönliche Anwesenheit im Land des Unternehmenssitzes notwendig ist. Denn viele Länder erlauben dir zwar eine Gesellschaft als Ausländer dort zu gründen, doch geht mit diese Gesellschaft nicht automatisch ein Visum oder eine Arbeitsgenehmigung in diesem Land einher. So kann es sein, dass du deine frisch gegründete Limited in Peru nur als Tourist besuchen darfst.

Exit Strategie

Kein Unternehmen währt ewig, und selbst wenn wirst du irgendwann einmal als Inhaber und/oder Manager die Zügel aus der Hand geben wollen. Hier hilft es, wenn du schon grob eine Vision hast, wie das einmal aussehen könnte und in welchem zeitlichen Rahmen das passieren soll.

So wirst du ein Unternehmen, dass du an die nächste Generation (Kinder) weiter geben willst ganz anders strukturieren, als eines, dass du innerhalb von wenigen Jahren an die Börse bringen willst oder von dem du hoffst, dass es ein Großkonzern dir irgendwann für eine ordentliche Summe abkauft und sich einverleibt.

Während sich beim ersten Modell Fragen rund um die Themen Vererben, Verschenken und Unternehmensnachfolge auftun werden, bringt das andere Modell Herausforderungen mit sich, dass dem zukünftigen Übernahmekandidat der Kauf möglichst leicht gemacht wird und du möglichst viel von deinem Verkaufspreis behalten kannst (und nicht die Hälfte dem Fiskus übergeben musst).

Je früher du hier die Weichen richtig stellst, desto einfacher wird es das gewünschte Ziel zu erreichen.

Sprachkenntnisse und Fachwissen

Wenn du deine Gesellschaft selbst gründen willst, ist es bei ausländischen Unternehmensformen oft unumgänglich, dass du zumindest etwas der lokalen Landessprache sprichst um zu verstehen, was du dort an Unterlagen zur Unterschrift vorgelegt bekommst und dass du grob die dortigen Rechte und Pflichten der ausländischen Gesellschaft kennst, um dir das restliche Fachwissen (z.B. Anwalt, Steuerberater) vor Ort einkaufen zu können. Länder in denen du dich (geschäftlich) auskennst, können hier also auch ein Standortvorteil sein, da du diesen Dienstleistern weniger Geld überlassen musst und einiges selbst machen kannst, oder zumindest merkst, wenn dich ein findiger lokaler Anbieter versucht über den Tisch zu ziehen.

Anonymität

Bei manchen Geschäftsmodellen willst du vielleicht nicht, dass deine Nachbarn, dein (ehemaliger) Arbeitgeber oder bestimmte Konkurrenten gleich von Anfang an wissen, wer dahinter steht, sei es, dass das deinem persönlichen Image schadet, du Wettbewerbsverbote umgehen willst oder die Konkurrenz einfach „kalt erwischen“ willst.

Einige Länder erlauben es immer noch, dass die Inhaber oder wirtschaftlich Berechtigten nicht öffentlich einsehbar sind. Solche Anonymität schützt dich aber nicht davor, wenn du es mit dem Gesetz nicht allzu genau willst, denn viele Länder wollen dann doch, dass das lokale Finanzamt oder die lokale Behörde gegen Geldwäsche informiert ist, wer sich hinter einer anonymen Gesellschaft verbirgt.

So charmant das Thema Anonymität klingt, so stark sind auch die damit verbundenen Einschränkungen. So ist es oft nur sehr schwer möglich, für anonyme Unternehmen Bankkonten zu eröffnen oder Lizenzen zu beantragen, da man selbst nicht nachweisen kann, dass man berechtigt ist, dieses Unternehmen vor der Bank oder der Behörde zu vertreten.

Natürlich gibt es noch viele andere Kriterien, die du bei deiner zukünftigen Unternehmensgründung beachten kannst und vielleicht auch solltest, doch soll dieser Artikel nur eine erste Einführung und kein komplettes Handbuch darstellen.

Als nächsten Schritt könntest du jetzt den Lifestyle Solutions Gründercheck durchspielen und eine erste Idee bekommen, welche Länder und Gesellschaftsformen für dich geeignet sind.

Oder du sparst dir wertvolle Zeit und buchst dir eine individuelle Beratung rund um das Thema Unternehmensstandort und Gesellschaftsformen, in der wir gemeinsam für deine konkrete Situation ermitteln welches Land und welche Rechtsform sich für dich am besten eignet und dann gleich die ersten Schritte zur Gründung in die Wege leiten können.

Wenn du weiter stöbern willst, findest du im folgenden ein paar spannende Beiträge rund ums Thema Unternehmensgründung und -führung.

SCREENGRAB/BBC