In der Kategorie #Montagsmeinung teile ich mit dir meine Ansichten zu aktuellen Themen rund um die Gestaltung unseres Lebensstils. Teils kritisch, teils philosophisch, manchmal auch humorvoll.
Heute soll es um das Thema: Die Sache mit dem Palmenstrand gehen, und warum uns das Leben und Arbeiten unter Palmen am Meer so erstrebenswert erscheint.
In den sozialen Medien werden wir immer wieder mit den üblichen Klischeebildern konfrontiert, in der gut aussehende, meist jüngere Menschen, gemütlich am Strand, manchmal in einer Hängematte, liegen, den Schatten tropischer Palmen genießen und nebenher ein wenig am Laptop etwas „arbeiten“ um damit ihr Geld zu verdienen.
Dazu kommen in den klassischen Medien bekannte Auswanderersendungen, die uns zeigen, wie Menschen wie du und ich ihre Sachen packen und ins Warme auswandern, um dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen.
Doch ist das ganze wirklich so einfach? Und ist es auch wirklich so erstrebenswert?
Die erste Frage lässt sich mit einem klaren „es ist einfacher als du dachtest“ beantworten. Durch die moderne Technologie des Internet und dessen fast weltweite Verfügbarkeit, bist du in ganz vielen Berufen, die früher eine tägliche Anreise an den Schreibtisch in einem Bürohochhaus erforderten, nun recht frei, wo du diese Tätigkeit ausübst. Telefone lassen sich dank Voice-over-IP überall in der Welt beantworten, Unternehmensdaten sicher und verschlüsselt von überall auf der Welt per VPN oder in der Cloud bearbeiten.
Dem Angestelltenleben wird der Traum von der Arbeit am Strand aber oft vorenthalten, weil viele gesetzliche Dinge wie Krankenversicherung im Ausland, Berufsunfälle, Datenschutzrecht, etc. für solche Arbeitsmodelle kaum existieren oder sich die Umsetzung nur für Großkonzerne lohnt.
Also führt in den meisten Fällen der Weg zum Strand erst einmal auf den Pfad der Selbständigkeit. Und hier zerbröselt für viele schon der Keks, denn das widerspricht ja unserem von Kind auf gelernten Sicherheitsdenken, in dem uns unsere Eltern und Großeltern beigebracht haben, uns einen sicheren Job zu suchen, der bis zur Rente reicht, vom Gehalt ein kleines Reihenhaus zu kaufen und unseren Kindern das gleiche beizubringen. Sich mit irgendeiner Geschäftsidee im Internet selbständig zu machen, würde vermutlich von dieser Generation oft müde belächelt oder gar aus Angst davon abgeraten.
Hier liegt es jetzt schon an dir, die erste Abwägung zu treffen, ob dir das Leben in der Selbständigkeit die Hängematte am Strand wert ist.
Doch kommen wir zur nächsten Herausforderung. Wenn du aus einem deutschsprachigen Land kommst und diesen Text liest, wirst du dich umschauen und merken, dass es in deinem Land ja gar keinen Strand gibt, bzw. das bisschen Strand an der Nord- oder Ostsee gar keine Palmen hat und in mehr als acht Monaten es dort viel zu kalt ist, um in der Hängematte zu liegen und zu arbeiten. Das bedeutet also, der nächste Schritt Richtung Strand ist es, auszuwandern, bzw. zumindest zeitweise deinem Heimatland den Rücken zu kehren.
Wenn du jetzt zu den vorsichtigen Menschen auf der Welt gehörst, wirst du erst einmal recherchieren in welchen Ländern es eigentlich Strand und Palmen gibt, und danach die Seite des auswärtigen Amtes aufsuchen um etwas mehr über das Land zu lernen.
Und, je mehr du dort liest, desto mehr bekommst du einen Eindruck, dass die Welt ein unsicherer Ort ist und fast überall nur Mord und Totschlag, Kriminalität und Korruption herrschen. Du liest von schlecht ausgebauten Straßen, mangelnder medizinischer Versorgung, Fahrzeugentführungen, manipulierten Geldautomaten, Kidnapping von Touristen, Haien im Meer, Hurricanes und Hütchenspielern.
Wenn einem da nicht die Lust auf die Reise zum Strand vergeht.
Dann suchst du weiter, liest viele Reiseblogs und siehst wieder nur die Fotos von den schönen Menschen am Meer mit ihren Laptops mit dem Apfel-Logo.
Jetzt steht die nächste Herausforderung an: Traust du dich deine Heimat zurück zu lassen und zu einem unbekannten Strand im einen unbekannten Land aufzubrechen?
Schließlich kommst du an deinem Traumstrand an, baust deine Hängematte auf, schaltest dein Notebook an und machst erst einmal ein Foto für Instagram und deine Eltern und Freunde zu Hause. Und in dem Moment fühlst du dich zwar am Ziel, aber gleichzeitig auch allein. Selbst wenn du als emsige Biene ein wenig die Sprache des Landes gelernt und erkundet hast, wie man so seine Zeit verbringen kann, so fehlen auf einmal viele soziale Kontakte.
Freunde, mit denen du vielleicht sonst mehrfach in der Woche einen Kaffee trinken warst, melden sich immer weniger, denn du bist ja beim nächsten Geburtstag, der nächsten Hochzeit oder dem nächsten Jahrgangstreffen sowieso nicht in der Gegend, sondern ein paar tausend Kilometer weit weg.
Vielleicht fängst du nach den ersten Wochen an, lokal in deinem neuen Land Freundschaften zu knüpfen, sei es mit Einheimischen oder anderen Strandarbeitern.
Doch auf einmal schaust du in deinen Reisepass, und dir fällt auf, dass nächste Woche ja dein Touristenvisum abläuft, und du das Land wechseln musst. Schon verlieren sich die Freundschaften mit den Einheimischen, denn die bleiben ja in ihrem Land, und den anderen Strandarbeitern, denn deren Visum läuft noch ein paar Wochen länger.
Also packst du deinen Rucksack, schüttelst den Sand aus der Hängematte und der Tastatur deines Laptops mit dem Apfel-Logo und machst dich auf den Weg zum Flughafen und zum nächsten Strand und das Spiel geht von vorne los.
Was ich dir mit diesem Artikel sagen will? Ja, das Leben und Arbeiten am Strand in der Hängematte ist möglich, und auch einfacher als du denkst zu erreichen, aber, die Unsicherheit der Selbständigkeit ob und wann wie viel Geld verdient wird, die Einsamkeit durch fehlende soziale Kontakte und das fehlen einer „Heimat“ durch dauerndes Weiterreisen und Visa-Hopping solltest du nicht unterschätzen. Diese Teile des Lebens als Dauerreisender findest du nicht auf Instagram.