Für ortsunabhängige Unternehmer ohne festen Wohnsitz ist eine LLC in den USA eine sehr interessante Option, da diese unter den richtigen Voraussetzungen steuerfrei geführt werden kann.
Einer der Kernpunkte dieser Steuerfreiheit liegt daran, in keinem US Bundesstaat oder Territorium einen sogenannten Nexus auszulösen.
Ein Nexus ist – ganz allgemein erklärt – ein gewisses Mindestmaß an physischer Präsenz oder eine gewisse Menge an Transaktionen im jeweiligen Bundesstaat.
Um sich die Sache einfach zu machen, geht das föderale Finanzamt der USA (IRS) einfach davon aus, dass, wenn in keinem Bundesstaat ein solcher Nexus besteht, auch keine föderalen Steuern fällig werden, jedoch auch umgekehrt, dass wenn ein Bundesstaat eine Person oder ein Unternehmen als in diesem Bundesstaat als steuerlich ansässig betrachtet, also ein Nexus existiert, dies auch für die föderalen Steuern gilt.
Jetzt sind die USA als föderales System von Bundesstaaten organisiert, in dem die Staaten eine hohe Autonomie haben, wie sie ihre inneren Angelegenheiten, inklusive der Besteuerung regeln, so dass es nicht verwundert, dass es über 50 verschiedene Definitionen und Umsetzungsrichtlinien zum Thema Nexus gibt.
Alle diese Regularien im einzelnen durchzugehen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, somit beschränken wir uns einmal auf die am häufigsten angewandten Varianten.
Für die Besteuerung sind zwei Arten der Steuer zu unterscheiden:
- State income tax
- Sales tax
Physische Präsenz im Bundesstaat
Diese Regeln haben alle Bundesstaaten und Territorien. Vereinfacht gesagt bedeutet diese Regel, dass wenn sich die Person oder das Unternehmen im Bundesstaat aufhält und dort Geschäfte macht, ein Nexus ausgelöst wird.
Präsenz können z.B. angestellte Mitarbeiter, dauerhaft besetzte Büro- und/oder Verkaufsräume sowie Lager für physische Produkte sein.
Physische Präsenz im Bundesstaat löst income tax und sales tax aus.
Repräsentanz des Unternehmens im Bundesstaat („click through“ nexus)
Hierunter fallen z.B. weisungsgebundene Handelsvertreter oder Dienstleister. Neben dem klassischen Handelsvertreter, der Produkte im Namen des Unternehmens vertreibt, gelten hier auch z.B. bezahlte Blogger oder Fotografen, die für das Produkt werben. Hat z.B. eine LLC einen solchen Influencer als Partner, der vom Bundesstaat Georgia aus bezahlte social media Werbung für das Unternehmen betreibt und damit Verkaufserlöse von $50.000 erzielt, entsteht für das Unternehmen ein Nexus in Georgia. (Ga. Code Ann. § 48-8-2(8)(H); Ga. Code Ann. § 48-8-2(8)(M); Ga. Code Ann. § 48-8-30(b)(1))
Diese Regel ist seit einiger Zeit auch als „Lex Amazon“ bekannt, da damit die Bundesstaaten versuchen, dass Amazon in ihrem Bundesstaat Sales Tax zahlt.
Aktuell wenden die folgenden 20 Bundesstaaten click-through Nexus Regeln an:
Arkansas: mehr als $10.000 Verkaufserlöse in den vergangenen 12 Monaten
California: mehr als $10.000 für die Vermutung eines Nexus und mehr als $1 Mio für einen definitiven Nexus.
Connecticut: Mehr als $2.000 während der letzten vier Quartale.
Georgia: Mehr als $50.000 im letzten Jahr.
Idaho: Mehr als $10.000 in den letzten 12 Monaten.
Kansas: Mehr als $10.000 in den letzten 12 Monaten.
Louisiana: Mehr als $50.000 in den letzten 12 Monaten.
Maine: Mehr als $10.000 im letzten Jahr.
Michigan: Mehr als $10.000 in den letzten 12 Monaten.
Minnesota: Mehr als $10.000 in den letzten 12 Monaten.
Missouri: Mehr als $10.000 in den letzten 12 Monaten.
Nevada: Mehr als $10.000 in den letzten 4 Quartalen.
New Jersey: Mehr als $10.000 in den letzten 4 Quartalen.
New York: Mehr als $10.000 gesamt (kumulierend).
North Carolina: Mehr als $10.000 in den letzten 4 Quartalen.
Ohio: Mehr als $10.000 im letzten Jahr.
Pennsylvania: Ab dem ersten $.
Rhode Island: Mehr als $5.000 in den letzten 4 Quartalen.
Tennessee: Mehr als $10.000 in den letzten 4 Quartalen.
Vermont: Mehr als $10.000 im vergangenen Steuerjahr.
Washington: Mehr als $10.000 im vergangenen Steuerjahr.
Die meisten dieser Bundesstaaten bieten die Möglichkeit, gegen die Annahme, dass ein Nexus vorliegt, Widerspruch einzulegen und zu begründen, warum dieser nicht besteht. In der Praxis ist ein solches Verfahren recht aufwendig.
Gerade für ortsunabhängige Unternehmer, die mit Dienstleistern in diesen Bundesstaaten arbeiten oder Amazon FBA USA oder ein vergleichbares Konstrukt betreiben, sollten aufpassen, ob sie diese Schwellen überschreiten und einen Nexus auslösen.
Zuletzt gilt hier es noch das Thema „Scheinselbständigkeit“ zu beachten. Wenn z.B. eine Unternehmen einen freiberuflichen Dienstleister in Florida hat, der aber als einzigen Kunden eben dieses Unternehmen hat, erzeugt diese Verbindung einen Nexus in Florida. (Fla. Admin. Code Ann. § 12C-1.011(1)(k))
Click through Nexus löst in der Regel nur sales tax aus, mit der Ausnahme des letzten Beispiels zur Scheinselbständigkeit.
„Bright Line“ Nexus
Dieser, relativ neue, Ansatz definiert einen Nexus, wenn ein Unternehmen im jeweiligen Bundesstaat mindestens eines der Kriterien im jeweiligen Steuerjahr erfüllt:
- Immobilieneigentum im Wert von $50.000 oder mehr
- Löhne und Gehälter an Angestellte im Bundesstaat von $50.000 oder mehr
- Mehr als $500.000 Verkaufserlöse von Kunden aus dem jeweiligen Bundesstaat.
- Mehr als 25% des gesamten Immobilieneigentums, der gezahlten Löhne und Gehälter oder generierten Verkaufserlösen von Kunden entfallen auf diesen Bundesstaat.
Während das Thema Löhne und Gehälter für den ortsunabhängigen Unternehmer eher uninteressant ist, kann bei Immobilieneigentum (Investmentgeschäfte) oder bei den Verkaufserlösen eine Steuerfalle entstehen, wenn man hier zu einseitig aufgestellt ist.
Wenn z.B. ein Unternehmen über $536.446 an Konsumenten oder andere Unternehmen in Kalifornien verkauft, wird ein Nexus in CA ausgelöst und es wird state income tax und auch franchise tax fällig, selbst wenn keine physische Verbindung zu CA besteht. (Cal. Rev. & Tax. Cd. § 23101(b)(2))
Aktuell wenden die folgenden Staaten den „bright line“ Nexus mit den folgenden Grenzwerten an (Umsatz/Eigentum/Gehälter):
Alabama: $500.000 / $50.000 / $50.000
California: $536.446 / $53.644 / $53.644
Colorado: $500.000 / $50.000 / $50.000
Connecticut: $500.000 / $50.000 / $50.000
Michigan: $350.000 / $1 / $1
New York: $1.000.000 / $1 / $1
Ohio: $500.000 / $50.000 / $50.000
Oklahoma: $500.000 / $50.000 / $50.000
Tennessee: $500.000 / $50.000 / $50.000
Washington: $267.000 / $53.000 / $53.000
Bright line nexus löst auf jeden Fall state income tax aus. Ob und in wie weit sales tax fällig wird, kommt darauf an, ob bright line in Kombination mit click-through erfolgt.
Intellectual Property Nexus („IP Nexus“ / „economic nexus“)
Hierbei wird von den Bundesstaaten darauf abgestellt, ob die von dem Unternehmen verkaufte oder lizenzierte IP im jeweiligen Bundesstaat teilweise oder vollständig verwertet wird.
So hat bereits 1996 das Finanzamt von Massachusetts eine Regelung erlassen, dass staatsfremde Unternehmen Einkommenssteuer im Bundesstaat zahlen müssen, wenn diese Unternehmen Einnahmen aus der Verwertung von Urheberrechten und Lizenzen durch einen Vertrag mit einem im Staat ansässigen Unternehmen erzielen. (D.O.R. Directive 96-2)
Das ein solches Vorgehen rechtmäßig ist, hat auch vor ein paar Jahren ein Gericht in den USA entschieden (Griffith v. ConAgra Brands, Inc., 728 S.E.2d 74 (W. Va. 2012), so dass immer mehr Bundesstaaten aufspringen und das ganze nicht nur auf IP beschränken, sondern jegliche „zielgerichtete wirtschaftliche Aktivität“ als möglichen Nexus im Bundesstaat versuchen einzustufen, so hat z.B. South Dakota in 2016 einen wirtschaftlichen Nexus schon dann bestätigt, wenn 200 oder mehr Transaktionen (unabhängig vom Wert) oder $100.000 pro Jahr nach South Dakota durchgeführt werden (SB 106 vom 22 März 2016), wobei diese Regelung noch vom Supreme Court bestätigt oder kassiert werden muss. Bis dahin ist die Zahlung „freiwillig“.
IP nexus kann state income tax auslösen, jedoch ist hierzu die Rechtsprechung uneinheitlich und man sollte hierzu auf den einzelnen Bundesstaat und dessen aktuelle Situation abstellen.
Wann endet Nexus? („trailing nexus“)
Ein einmal entstandener Nexus in einem Bundesstaat ist nicht von ewiger Dauer. Während im allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass ein einmalig im Staat der Registrierung der LLC ausgelöster Nexus so lange von Dauer ist, bis aktiv das Gegenteil bewiesen werden kann, ist ein Nexus in einem anderen Bundesstaat von unterschiedlich langer Dauer.
So regelt z.B. Michigan, dass ein Nexus für weitere 11 Monate nach Ablauf der für einen Nexus bestehenden Kriterien aufrecht erhalten bleibt (RAB No. 1999-1, part III (Mich. Dep’t of Rev. May 12, 1999)), während es in Washington der Rest des Kalenderjahres und ein komplettes weiteres Jahr ist (Wash. Rev. Code § 82.04.220(2); Wash. Admin. Code § 458-20-193(104))
Hat man einen Nexus also einmal ausgelöst, wird man diesen nicht mehr so schnell los.
Zusammengefasst, bleibt die US LLC eine sehr interessante Option für ortsunabhängige Unternehmer, jedoch ist bei Geschäften auf US Boden besondere Vorsicht und detaillierte Planung angeraten, um nicht die sich bietenden Vorteile durch eine Nexus-Falle wieder zu verlieren.
Besondere Aufmerksamkeit benötigt der Verkauf von digitalen Produkten in unterschiedliche Bundesstaaten. Dies ist u.a. in P.L. 86-272 geregelt, doch diese Details betrachten wir in einem separaten Artikel.
Während in der Praxis ein Großteil solcher Transaktionen dem jeweiligen Bundesstaat wohl gar nicht auffallen werden, kann – im seltenen Falle eines Audits – eine Hinterziehung von Bundesstaats- und damit auch in mittelbarer Folge föderalen Steuern hohe Strafen nach sich ziehen und ist natürlich nicht zu empfehlen.
Wenn du vor der Gründung deiner US LLC (oder Inc.) Fragen rund um das Thema Nexus hast, melde dich gerne zu einer individuellen Beratung.