Wie wichtig und wie wertvoll ist eigentlich Kommunikation?

In Zeiten von automatisierten Emails, programmierbaren Chatbots und Automatisierung per Sprachsteuerung ist die „echte“ Kommunikation, bei der noch ein Mensch die aktuelle Nachricht gerade selbst tippt (oder spricht) manchmal gar nicht mehr so leicht von der künstlichen „Intelligenz“, die Textbausteine oder Worte kombiniert zu unterscheiden.

Doch selbst wenn ein Mensch hinter der Kommunikation steckt, hat diese oft einen ganz unterschiedlichen Wert, je nach Quantität und Qualität.

Qualität und Quantität

So können ein paar wenige Zeilen, die nur alle paar Tage per Messenger ausgetauscht werden und einen „Impact“ hinterlassen viel „hochwertiger“ sein, als stundenlange (Video-)Anrufe an deren Ende dann irgendwie doch kein Ergebnis oder Erkenntnisgewinn steht.

Während man in der geschäftlichen Kommunikation sich mit der Zeit daran herantastet, wie viel „Nachrichten“ für den Kunde nicht schon zu viel sind, dass er sie als Spam einstuft, aber auch nicht so wenig, dass der Kunde denkt, man wäre verschollen, liegen – oftmals – die Hemmschwellen im privaten Bereich viel zu niedrig, d.h. man befüllt – sei es auf der Suche nach Aufmerksamkeit, Mitteilungsbedürfnis oder sogar Einsamkeit – Chats mit lustigen Katzenbildern und belanglosen Sprachnachrichten oder nimmt sich – aus der oft unbegründeten Annahme man würde den anderen stören oder von wichtigen Dingen ablenken – in der Kommunikation stärker zurück als nötig.

Das Meta-Thema selbst, also wie viel und wie man miteinander kommuniziert, wird aber selbst nur sehr selten Teil des Gesprächsthemas, so dass man der irrigen Annahme, die häufige Kommunikation sei willkommen oder die Zurückhaltung wertgeschätzt, of sehr lange aufsitzt, da sich keiner der Gesprächspartner traut, den anderen darauf hinzuweisen, dass man mehr oder weniger Quantität (oder auch Qualität) wünscht.

Am anderen Ende der „Leitung“ passiert es also entweder, dass die andere Person denkt, man interessiere sich nicht wirklich für sie, weil man sich so selten meldet, oder diese genervt auf das Telefondisplay schaut und sich denkt „der schon wieder“/“die schon wieder“ wenn eine Nachricht oder ein Anruf eingeht.

Kommunikationsverhalten

Insbesondere die Art und Weise, wie wir telefonieren, hat sich seit der Erfindung der Messenger Apps massiv verändert.

War es früher noch üblich, einfach „spontan“ jemand anderen anzurufen, wird dies heute immer häufiger als unhöflich oder aufdringlich empfunden, vielmehr wird inzwischen per Messenger vereinbart, dass man via Email einen Termin für einen Anruf koordiniert, an dem dann beide an einem Ort, einer Zeitzone und einem Gemütszustand sind, die die direkte Kommunikation als angenehm empfinden lassen. Im Extremfall verbraucht diese Koordination eines Gesprächstermins mehr Zeit und Ressourcen als später das eigentliche Gespräch selbst.

Gleichzeitig ist es für einige Menschen weniger akzeptabel geworden, wenn ein Anruf nicht entgegen genommen oder direkt zurück gerufen wird. Dank diverser „Spionagefunktionen“ von Messengern und Social Media Plattformen, sieht der Anrufende, dass der gewünschte Gesprächspartner z.B gerade „online“ ist (weil z.B. gerade eine andere Nachricht verfasst wird oder ein Beitrag veröffentlicht wurde) und es werden daraufhin Nachrichten versendet, mit der Aufforderung sich zu rechtfertigen, warum denn gerade so „dreist“ war, den doch so wichtigen Anruf nicht zu beantworten.

Ein ähnliches Phänomen gibt es auch im Bereich der Textnachrichten. Dank dem vermeintlich nützlichen Feature der Lesebestätigung sieht der Absender, dass die Nachricht gelesen wurde. Wenn dann nicht sofort eine Antwort erfolgt, werden entweder Folgenachrichten zur Rechtfertigung oder einfach nur „?“ versendet, auf die der Gesprächspartner sich doch erklären solle, was diese unerwünschte Verhaltensweise begründet.

Während man sich bei Anrufen eher selten traut, mitten im Gespräch kommentarlos aufzulegen, ist es hingegen bei der asynchronen Kommunikation im Messenger fragwürdiger Weise akzeptabel geworden, mitten in der Unterhaltung auf einmal nicht mehr zu antworten. Nicht immer muss dies natürlich einer Unhöflichkeit des Gesprächspartners geschuldet sein – manchmal ist es auch einfach „nur Reizüberflutung“ oder der gescheiterte Versuch mehrere Unterhaltungen parallel zu führen, oder es kam gerade wieder ein lustiges Katzenbild ins Postfach.

Gerade im Umfeld ortsunabhängiger Gesprächspartner kann hier doch das Thema der unterschiedlichen Zeitzonen für Missverständnisse sorgen. Wenn hier der Angeschriebene nicht sofort antwortet, ist dies nicht immer ein Zeichen der Unhöflichkeit, sondern vielleicht ist es dort gerade mitten in der Nacht.

Vielfalt vs. Murmeltiertag

Abgesehen von einigen geschäftlichen Situationen, in denen sich gewisse Kommunikationsprozesse aus der Natur der Sache wiederholen müssen, geht auch bei allen anderen Kommunikationsgelegenheiten oft die Vielfalt verloren. Während Gründe wie Kreativlosigkeit oder in manchen Fällen auch ein inkompatibler „Horizont“ oder zu stark unterschiedliche Interessengebiete mit ausschlaggebend dafür sein können, dass man am Ende immer wieder beim gleichen Thema landet, erfüllt die praktische Funktion des „Autovervollständigens“ eine unerwartete Rolle, nämlich indem sie natürlich bisher gesagtes immer wieder neu vorschlägt, und damit schlimmstenfalls zum „Reden in Schablonen“ führt, wie man es aus Kundenservice-Nachrichten kennt.

Die Möglichkeit der Vielfalt hängt aber auch stark mit der Quantität der Kommunikation zusammen. Sicherlich bringt eine halbstündliche Abfrage des Gemütszustands („wie geht es dir?“) auch beim vierten Mal keine bahnbrechende Veränderung in der Antwort (vom unwahrscheinlichen Fall eines gesundheitlichen Notfalls und dessen Nachsorge mal abgesehen) und auch ein „wo bist du?“ in den seltensten Fällen einen wirklichen Mehrwert für den Fragenden, vielleicht aber ein Gefühl des Überwachtwerdens bei dem, der die Frage beantworten muss. In die gleiche Situation des Überwachtwerdens, kann ein unangekündigter oder unerwünschter Videoanruf fallen, was uns zum Bereich der bevorzugten Kommunikationsform führt.

Die „Art“ der Kommunikation

An unterschiedlichen Apps, Webseiten und Funktionen zur Kommunikation fehlt es uns nicht, und doch fühlen sich unterschiedliche „Typen“ von Menschen in unterschiedlichen Medien wohler oder unwohler als andere.

So ist manch einer ein Freund des geschriebenen Wortes und empfindet Telefonieren und/oder Sprachnachrichten als „anstrengend“, ein anderer hört dem anderen lieber zu was er als Sprachnachricht aufgesprochen hat, fühlt sich aber beim Anruf unter Druck, sofort antworten zu müssen, wieder andere empfinden es als wichtig, Videobotschaften (oder Videoanrufe) zu verwenden, da sie zum vollen Verständnis der Nachricht auf die Gestik und Mimik des anderen angewiesen sind, während sich andere von Videoanrufen beobachtet fühlen.

Haben beide Gesprächspartner die gleichen „Vorlieben“ ist das oft die einfachste Form der Unterhaltung, auf die man sich unbewusst und natürlich „einigt“, weil sich keiner so unwohl fühlt um irgendwann eine Änderung entweder offen vorzuschlagen oder subtil zu versuchen.

Weichen die Vorlieben zur Kommunikation aber voneinander ab, kann das durchaus zur ungewollten und auch unerwarteten Frustration führen. So ist es für jemanden, der am liebsten Videos schaut „anstrengend“ oder „langweilig“ sich durch lange Textwüsten zu lesen, während es für den „Schreiber“ anstrengend ist, konzentriert gleichzeitig zuzuhören und den anderen interessiert anzuschauen (oder zumindest Interesse vorzutäuschen).

Dass ein Medienbruch vorliegt merkt man oft an der Antwortzeit der anderen Person. Jemand der gerne die Stimme des anderen in einer Sprachnachricht hört, wird auf diese oft viel schneller antworten, als jemand, der die Textform bevorzugt und sich jetzt aber ungewollt durch schlimmstenfalls minutenlange Monologe hören muss, nur um dann mit „OK“ zu antworten.

Timing ist alles

Nicht zuletzt hilft es, wenn beide Gesprächspartner um den ungefähren Tagesplan und die Routinen des anderen wissen. Ist die andere Person z.B. ein „Morgenmensch“ die direkt nach dem Aufstehen erst einmal ihre Energie in die Arbeit investiert, ist ein entspanntes Gespräch über die Lage in der Welt oder das Wetter besser am Nachmittag aufgehoben, da man sonst genau in der „Primetime“ stört und schon deshalb ein schlechteres Gesprächsklima hat. Dieses Phänomen geht schon auf die Generation unserer Großeltern zurück, die sich auch heute noch über Anrufe während der abendlichen Nachrichtensendung „aufregen“ können.

Vergleichbar ist es, wenn man z.B. vorhersagen kann, dass Person X immer nach dem Mittagessen einen kurzen Mittagsschlaf macht. Hält man sich hier vornehm mit Nachrichten wie „wie geht es dir? Was machst du gerade?“ zurück, wird die Person ausgeschlafen später viel wohlwollender Antworten, als wenn sie das Vibrieren des Telefons aus dem kurzen, wohlverdienten Schlaf holt.

Zeit ist natürlich unser wertvollstes Gut, deshalb ist es nicht nur angemessen sondern auch wichtig, unseren Gesprächspartner auf ein eventuelles Zeitbudget für die Unterhaltung hinzuweisen, z.B. auf den nächsten Termin in einer halben Stunde oder, dass die Nachrichten gerade in der Mittagspause ankommen aber gleich „weiter gearbeitet“ werden muss. Dies ist einfacher und aufrichtiger, als dann auf einmal zu versuchen ein Gespräch „abzubiegen“ oder aus einer Textunterhaltung einfach „abzutauchen“ weil auf einmal etwas wichtigeres auf der Agenda steht.

Abschließend ist zum Thema Timing noch das persönliche Zeitgefühl zu beachten. Ist man zum Beispiel dank passivem Einkommen (oder auch Arbeitslosigkeit) nicht darauf angewiesen Vollzeit zu arbeiten, kommt einem ein einstündiges Telefonat oder zwanzig Minuten Nachrichten im Messenger weniger lang und ablenkend vor, als jemandem, der am Tag vielleicht noch acht oder mehr Stunden konzentriert arbeiten muss, um sein Business ans Laufen zu bekommen. Dieser Person fehlt nach einer Stunde telefonieren wertvolle Zeit und vielleicht sogar signifikantes Einkommen.

Wenn du dich schon einmal mit Kommunikation tiefer beschäftigt hast, kennst du vielleicht das „Eisbergmodell“. So wie das gesprochene Wort nur einen geringen Anteil an der Kommunikation hat, hat auch dieser Artikel nur die Spitze des Eisbergs dieses komplexen Themas beleuchtet.  Vielleicht aber genug, um deine geschäftlichen und privaten Kommunikationsgewohnheiten einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.