Dieser Artikel bezieht sich eventuell auf einige zum Zeitpunkt des Artikels aktuelle politische Ereignisse, die sich zum Zeitpunkt wenn du ihn liest bereits wieder geändert haben könnten. Die grundsätzliche Ideen dahinter bleiben aber bestehen.
Wie immer bei Finanzthemen gilt, dies ist keine individuelle Anlageberatung und keine Empfehlung in diese Anlageformen zu investieren oder es zu unterlassen. Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Prognose in die Zukunft. Mehr dazu im Hinweis zu Finanzthemen.
Krieg ist mit mit die größte Herausforderung aber oftmals auch die größte Chance zur Schaffung und zum Schutz von Vermögenswerten.
Bevor wir uns aber anschauen, wie (viele) erfolgreiche Menschen dieser Herausforderung begegnen, sollten wir kurz über die moralische Seite sprechen. Kann man eigentlich mit gutem Gewissen in eine Zeit in der Menschen sterben über seine Investments oder sein Vermögen nachdenken. Man kann nicht nur, man muss eigentlich. Denn mit seinen Investitionen und dem Schutz seines Vermögens unterstützt man (mehr oder weniger direkt) die eine oder die andere Seite und gibt sein Geld und seine Infrastruktur zum Wiederaufbau für die Zeit nach dem Konflikt aus.
Doch schauen wir uns das Thema Investieren und Vermögensschutz jetzt in der Praxis an. Hierzu unterscheiden wir vier Eskalationsstufen.
Stufe 1: Der Krieg ist weit weit weg und deine Vermögenswerte sind nicht direkt bedroht.
Wenn der Krieg am sprichwörtlichen anderen Ende der Welt stattfindet und du in den beteiligten Ländern nicht vor Ort investiert bist, ist der Schutz des Vermögens eher von geringerer Bedeutung und man kann sich auf Investments konzentrieren.
Neben dem offensichtlichen Investieren in Hersteller von Kriegsmaschinerie (Waffen, Panzer, etc.) sind auch Bereiche wie Healthcare (Versorgung der Verwundeten) und Commodities (Rohstoffe wie Öl, Gas, Nahrungsmittel bei beeinträchtigten Lieferketten) interessante Herangehensweisen um von Unsicherheiten in Märkten zu profitieren.
Da Unsicherheiten bei Kriegsbeginn Aktienmärkte erst einmal auf Talfahrt senden, sollte man hier nicht der Panik der Masse folgen und blind alles verkaufen, sondern eher eine Vision für die Zeit danach haben, wer davon profitieren könnte – oder wo es am schnellsten wieder auf Vorkriegsniveau zurück springt – und entsprechend dort investieren.
Krieg geht oftmals mit Inflation einher, daher kann es ratsam sein, seine Barreserven so gering wie möglich zu halten. In dieser Stufe hat man ausreichend Zeit, in Gedanken seine potentiellen Investments während der folgenden Stufen in unterschiedliche Szenarien (Dauer, Gewinner, Schäden, internationale Sanktionen, etc) durchzuplanen.
Stufe 2: Der Krieg steht entweder unmittelbar bevor oder ist bereits im Nachbarland angekommen (und eine Eskalation ist wahrscheinlich)
Zu diesem Zeitpunkt zeigt sich ob die eigene Strategie zur Internationalisierung ausreichend ist. Bestenfalls sind Vermögenswerte schon über die Welt verteilt, wenn nicht ist jetzt die (eventuell letzte) Gelegenheit alle mobilen und vor Ort nicht dringend benötigten Ressourcen ins sichere Ausland zu verschieben. Krieg sorgt oftmals für Kapitalverkehrskontrollen oder auch schlichtweg Panik unter der Bevölkerung, so dass es schwierig sein kann an benötigtes Bargeld zu kommen. Hierfür hat man bestenfalls schon vorgesorgt (z.B. via Bankschließfach). Eine gute Strategie zur Internationalisierung beinhaltet, nicht nur in Kriegszeiten, Bankkonten in verschiedenen Ländern und Währungen, bestenfalls von beiden Kriegsparteien sowie neutrale Alternativen.
Diese Bargeldreserve sollte so großzügig gewählt werden, dass man sowohl längere Zeit im Land abgeschnitten von seinen anderen Vermögenswerten überleben kann als auch eine eventuell notwendig werdende Flucht in ein anderes Land davon bezahlen kann. Am Schalter des Mietwagenhändlers ohne funktionierende Kreditkarte zu stehen kann sonst schnell das Ende der Reise bedeuten, mit schlimmstenfalls fatalen Folgen.
Bleibt nach dieser persönlichen Absicherung noch Gelegenheit bietet es sich an einen angemessenen Teil des Vermögens liquide zu halten um bei einstürzenden Kursen an Börsen, von Währungen, Rohstoffen oder anderen Assets zum richtigen Zeitpunkt investieren zu können („buy the dip“). Was ein angemessener Teil ist muss hier sehr individuell zu bewerten. Der Betrag sollte groß genug sein, dass sich ein Investment nennenswert auszahlt, aber auch in dem Rahmen, dass man auf das Geld mittelfristig ohne Probleme verzichten kann, wenn der Konflikt länger dauert als erwartet.
Ob man an Immobilien im Krisengebiet festhält kommt darauf an, wie man die neue „Weltordnung“ im Land nach Ende der Feindseligkeiten erwartet. Nimmt man an, dass das Regime abgelöst wird und eine „Umverteilung“ von Eigentum stattfindet, kann es besser sein diese noch schnell zu liquidieren, sei es auch mit Verlust, bevor die neuen Herrscher einen ganz enteignen. Hat man hingegen Vertrauen darin, dass das aktuelle System als Gewinner aus den Kämpfen hervorgeht, kann die beschriebene Liquiditätsreserve sogar für ein paar Schnäppchen im Land genutzt werden, wenn man von Menschen kauft, die auf das gegenteilige Ergebnis setzen und unter Druck verkaufen müssen. Wie sehr man hier an der Preisschraube dreht bleibt sowohl ein Thema der gewünschten Kauf-/Verkaufsgeschwindigkeit als auch der persönlichen moralischen Vorstellungen.
Stufe 3: Panzer rollen durch den eigenen Vorgarten
Den günstigsten Einstiegskurs an der Börse zu suchen hat hier meist nicht die höchste Priorität. Je nachdem wie man die Ergebnisse des Kampfes einschätzt und ob man sich entscheidet vor Ort zu bleiben oder die Flucht in ein sicheres Nachbarland zu ergreifen ergeben sich unterschiedliche Ansätze.
Wählt man (freiwillig oder unfreiwillig) die Flucht, sollte man sich gedanklich auf den größten anzunehmenden Unfall einstellen, also den Verlust aller Vermögenswerte im Land, sei es auf Bankkonten, Depots, Schließfächern oder auch seiner Immobile samt den im Garten vergrabenen Goldmünzen. Schlimmstenfalls auch dem Verlust oder Wechsel der eigenen Staatsangehörigkeit, wenn das Heimatland aufhört zu existieren. Auch vom Gedanken, dass Kunden des Landes ihre Rechnungen oder Kredite bedienen sollte man sich (vorerst) verabschieden.
Wenden sich die Dinge zum Guten und man bekommt nach Ende des Konflikts einen Teil oder alles davon zurück schätzt man sich glücklich. Tritt der größte anzunehmende Unfall ein, muss das restliche Vermögen ausreichen um seinen üblichen Lebensstil in einem neuen Land aufrecht zu erhalten bis eine neue Infrastruktur geschaffen ist.
Für die Umschichtung von Vermögenswerten im Inland fehlt während der Kämpfe voraussichtlich sowohl die Zeit als auch die nötige Infrastruktur. Mit ausreichend Planung (und Glück) hat man aber permanent Zugriff auf Vermögensverwaltung im Ausland (z.B. ins ausländische Depot zum investieren).
Stufe 4: Frieden (oder Waffenstillstand) und Wiederaufbau
Mit Wiederaufbau von Gesellschaften lässt sich besonders gut Geld verdienen, denn die lokale Gesellschaft braucht Kapital zur Beseitigung der Schäden und zur Wiederherstellung der gesellschaftlichen Ordnung. Hierbei ist es (rein kapitalistisch betrachtet) erst einmal egal, welche Seite den Kampf gewonnen hat. In allen Fällen müssen zerstörte Häuser wieder aufgebaut werden, Straßen repariert werden, Telekommunikation wiederhergestellt werden und zahlreiche Unternehmer brauchen Kapital um ihre Geschäftstätigkeiten wieder zu beginnen, z.B. für die Reparatur von Maschinen oder Lieferantenkredite. Hier lässt sich sehr gut zu guten Konditionen private equity platzieren, oder, für etwas weniger Rendite aber auch weniger Arbeit, einfach in die größten an der lokalen Börse gehandelten Unternehmen investieren.
Die Kunst besteht hier darin, den richtigen Zeitpunkt zu treffen bisherige Investitionen im Ausland zu liquidieren um das Kapital dann im Heimatland zu höheren Renditen zu reinvestieren. Solche Investitionen sind in der Regel langfristig (sofern nicht der nächste Konflikt in den Startlöchern steht), bestenfalls über Generationen. Ist man von Anfang an bei Wiederaufbau dabei und an grundsätzlicher Basisinfrastruktur beteiligt hat man teilweise sogar die Möglichkeiten politischer Einflussnahme um die eigenen Investitionsbedingungen noch zu verbessern oder besonders für „Aufbauhelfer“ geschaffene Steuervergünstigungen ausnutzen.