Die Sache mit dem Stundensatz

Heute morgen hatte ich eine angeregte Debatte rund um das Thema Stundensatz in einer Facebookgruppe.

Das hat mich dazu motiviert, einmal als kurzes Video das Thema Stundensatz für Freelancer in „Hochpreisländern“ zu beleuchten.

Wenn dir das lesen eher liegt, als das Videos, findest du hier eine kurze Zusammenfassung meiner Überlegungen. Gerne hätte ich dir auch den ursprünglichen Diskussionsbeitrag auf Facebook verlinkt, doch dieser fiel leider der Löschung durch die Gruppenadmins zum Opfer, denen das Gedankengut wohl zu gefährlich war.

Doch ohne weitere Umschweife, hier einmal das Grundproblem der Überlegungen:

In einer globalisierten Welt bieten viele Menschen aus anderen Ländern mit geringerem Lohnniveau und geringeren Lebenshaltungskosten als in den „westlichen Ländern“ genau die gleiche Dienstleistung an, als du selbst. Wie sollst du nun einen viel höheren Stundensatz rechtfertigen bzw. verkaufen?

Sagen wir einmal du bist Programmierer, oder virtuelle Assistentin, oder Grafiker und lebst in einem Land wie Deutschland oder Österreich.

Dort bietest du deine Dienstleistungen für einen Stundensatz von 50 bis 100 Euro an.

Damit, so hast du dir ausgerechnet, kannst du (mal genug Auslastung vorausgesetzt) bequem deine Miete, deine Krankenversicherung, dein Auto und deine Steuern bezahlen, den Kühlschrank füllen und zwei Mal im Jahr im Urlaub fahren.

Das ging auch mehrere Jahre gut, doch jetzt hat dir ein Kunde erklärt, dass er die Leistungen, die er bisher bei dir eingekauft hat, jetzt bei einem Programmierer aus Pakistan, bzw. einer virtuellen Assistentin aus Russland bzw. einem Grafiker aus Peru einkauft und dort sagen wir mal „nur“ 10 US Dollar pro Stunde bezahlt.

Je mehr du darüber nachdenkst, desto mehr erkennst du, dass das zu einer Bedrohung für dein Einkommen und dein Geschäftsmodell werden kann.

Denn wir haben eine große Herausforderung:

Generell ist die Intelligenz auf unserem Planeten – zumindest geographisch – gleichmäßig verteilt. Demnach macht ein Programmierer aus Pakistan keine schlechtere Software als einer aus Deutschland, nur weil er Pakistani ist, eine virtuelle Assistentin aus Russland pflegt deinen Kalender nicht schlechter als eine aus Österreich, nur weil sie Russin ist oder ein Grafiker aus Peru macht keine schlechteren Logos als einer aus der Schweiz, nur weil er Peruaner ist.

Doch haben diese drei dir gegenüber einen großen Wettbewerbsvorteil: Sie leben in einer Region, in der sie viel weniger Geld pro Monat brauchen um ihre Miete, ihre Krankenversicherung, ihr Auto und ihren Einkauf zu bezahlen. Also nutzen sie das als gute Unternehmer voll aus, und bieten die gleiche Leistung zu niedrigerem Preis.

Jetzt stehst du vor einer Entscheidung, die sich auf drei Möglichkeiten reduzieren lässt:

  • Du steckst den Kopf in den Sand, machst dein Business zu und suchst dir eine Tätigkeit, die sicher vor der Globalisierung ist.
  • Du reduzierst deine Preise so drastisch, dass du mit der Konkurrenz aus dem Ausland mithalten kannst, streichst dafür deinen Urlaub, dein Auto, ziehst in eine kleinere Wohnung und machst Diät, nur um deine Lebenshaltungskosten zu senken
  • Du machst eine genaue Marktanalyse, schaust in welchen Bereichen dich die Globalisierung schlagen kann und ob es Bereiche gibt, in der du einen Vorteil hast.

Nur die letzte dieser drei Möglichkeiten wird langfristig funktionieren. In einer Zeit, in der selbst Kartoffeln zum Schälen durch die halbe Welt verschifft werden, weil das billiger ist als sie im Land der Ernte schälen zu lassen, werden Jobs, die komplett vor der globalisierten Welt sicher sind immer geringer und auch das reduzieren deiner Preise kannst du nur eine begrenzte Zeit lang durchhalten.

Doch was dir keiner wegnehmen kann, sind deine Spezialkenntnisse. So hat der Grafiker in Peru vielleicht seine Schwierigkeiten mit dem europäischen Urheberrecht, die virtuelle Assistentin aus Russland Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache und der Programmierer aus Pakistan mit der üblichen regionalen Anpassung der Software in deiner Region.

Das alles sind deine Assets. Dinge, die einen höheren Preis rechtfertigen, denn du nimmst damit deinem Kunden Kopfschmerzen ab, dem Grafiker zu erklären was er nicht nutzen darf, die Artikelsetzung der virtuellen Assistentin zu korrigieren und dem Programmierer Nachhilfe über Bundesländer und Kantone zu geben.

Und wenn es eine Sache ist, für die Unternehmer Geld ausgeben, dann ist es für weniger Kopfschmerzen.

Nimm dir also einmal Zeit um dein Business zu beleuchten und deine Stärken im globalen Wettbewerb herauszuarbeiten. Wenn du dabei Unterstützung brauchst, berate ich dich gerne.