Wir alle machen es, aber die meisten machen es nicht bewusst: Wir bewerten unsere Mitmenschen.

Jedes Mal wenn jemand in unserem Umfeld etwas macht, dass uns gefällt, gewinnt die Person unbewusst ein paar Punkte, jedes mal wenn sie etwas tut, was uns nicht gefällt, verliert sie ein paar.

Was man als gesellschaftliches Phänomen (wie z.B. das Social Credit System in China) durchaus kritisch betrachten kann, ist jedoch im Kleinen etwas, dass uns hilft, zu entscheiden, wem wir vertrauen, mit wem wir zusammen arbeiten oder auch zusammen leben wollen.

Hierbei hast du vermutlich andere Kriterien als dein Nachbar, wenn es darum geht eine andere Person zu bewerten, und selbst mit den gleichen Kriterien wäre es nicht unwahrscheinlich, dass die gleiche Person von euch unterschiedliche Bewertungen bekommt, weil einfach die Interaktionen unterschiedlich sind.

Während wir hier schon einmal betrachtet haben, welche Personen oder Funktionen du in deinem Umfeld brauchst, wollen wir uns in diesem Artikel ein paar universelle Bewertungskriterien anschauen, die dir einen guten ersten Eindruck geben, ob jemand Teil deines „inner circle“, also deines engsten Umfelds werden sollte, oder lieber nicht.

Keine Spielchen

Oder anders gesagt, keine Toleranz gegenüber „bullshit“.

Spielchen dienen meist der Manipulation, mal mehr oder mal weniger subtil, und wenn jemand in deinem Umfeld versucht dich zu manipulieren ist es vermutlich nicht zu deinem sondern eher zu deren Vorteil.

Auf Augenhöhe hat man in seinem persönlichen inneren Kreis keine Notwendigkeit sich gegenseitig zu manipulieren sondern sollte offen heraus seine Motivationen und Ziele teilen.

Oft kommen bei den Spielchen auch noch (Not-)Lügen hinzu, und wenn dich jemand regelmäßig mit etwas anderem als der Wahrheit konfrontiert, solltest du genau überlegen ob diese Person dein Bestes im Sinn hat und zu deinen engsten Vertrauten zählen sollte.

Erreichbarkeit

Bist du erreichbar, wenn es wirklich wichtig ist?

Auf die Menschen in deinem engsten Umfeld solltest du in kritischen Momenten zählen können, und parallel habt ihr eine gemeinsame Definition, was ein kritischer Moment ist.

Kommuniziert ihr zum Beispiel hauptsächlich per Textnachricht, und einigt euch darauf, dass wenn ihr den anderen anruft es wirklich wichtig ist, würdet ihr erwarten, dass jeder von euch bei einem Anruf des anderen auch entweder direkt ans Telefon geht, oder – wenn das wirklich mal nicht möglich ist – eine Information erfolgt, wann der andere wieder erreichbar ist und ob man vielleicht sogar dafür sorgt, dass die Erreichbarkeit dann noch möglich ist (z.B. wenn du in einem Meeting bist und du den Hinweis bekommst, es ist wirklich kritisch, du die Stärke besitzt, dieses Meeting eben für diese wichtige Person in deinem Umfeld zu verlassen, also die richtigen Prioritäten setzt).

Doch auch außerhalb von kritischen Situationen gehört eine zeitnahe Antwort von anderen aus deinem inneren Kreis zum guten Ton. Einfach das Telefon in die Ecke zu legen oder gelesene Nachrichten nicht zu beantworten ist ein Mangel an Respekt, der in deinem nahen Umfeld nicht vorkommen sollte.

Ein guter Tipp für die Kommunikation mit deinem inneren Kreis ist sich abzustimmen, welches Medium wie wichtig ist, z.B. Nachrichten auf WhatsApp haben Zeit, auf Telegram wäre eine zeitnahe Antwort gut, bei einem Anruf via Messenger ist es nicht eilig und beim klassischen  Telefonanruf  (nicht via Messenger) „brennt die Hütte“.

Das mit allen deinen Kontakten zu machen, führt natürlich zu weit. Es reicht das auf die engsten Kontakte zu beschränken, sonst kommst du vor lauter Nachrichtenflut zu nichts anderem mehr.

Vertraulichkeit

Kann ich dir ein Geheimnis anvertrauen?

Also ich meine so wirklich.

Eine meiner persönlichen Grundregeln in diesem Zusammenhang ist hier

sage deinem besten Freund nicht, was dein größter Feind nicht wissen darf.

Doch auch wenn du mit deinen Informationen etwas freigiebiger umgehst solltest du in deine Bewertung mit einfließen lassen, wenn etwas, dass du heute jemandem im Vertrauen gesagt hast, übermorgen bereits dein gesamter Freundes- oder Kollegenkreis kennt.

Menschen sind leider auch Wiederholungstäter, d.h. wenn einer deiner Mitmenschen aus deinem inneren Kreis einmal etwas nach außen getragen hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das wieder passiert. Dieser Punkt zerstört Vertrauen auf eine besonders massive Weise.

Und Menschen, denen du nicht vertraust, willst du bestimmt nicht in deinem engsten Umfeld haben.

Keine Drama Lamas

Drama Lamas sind Mitmenschen, die daraus Energie ziehen sich selbst zu bemitleiden und der Hoffnung hinterher laufen, das jemand in ihrem Umfeld schlagartig alle ihre Probleme löst.

Wenn du solche Menschen in deinem inneren Kreis hast, wirst du dir nicht nur langfristig immer die gleichen Probleme anhören müssen, was sowohl deine positive Stimmung vernichtet, als auch in die Situation kommen, dass dir vorgeworfen wird, du würdest diese Probleme ja nicht lösen.

Selbstverständlich gibt es in einer Gruppe von Menschen, die eng miteinander verbunden sind, auch einmal die Gelegenheit über die Dinge im Leben offen zu reden, die nicht funktionieren, oder bei denen man Hilfe braucht. Genau unterscheiden solltest du aber, ob sich solche Unterhaltungen darum drehen, eine ganz spezifische Sache auch zu lösen, oder diese Gespräche sich nur um das Problem an sich drehen und wie schlecht doch die Welt ist.

Die Fähigkeit Informationen zum gemeinsamen Vorteil zu nutzen

In deinem engsten Umfeld laufen ganz viele spannende Informationen zusammen. Jetzt gibt es zwei Arten von Menschen.

Die einen, nehmen die Informationen auf und versuchen herauszufinden, wie sie für sich selbst das Beste aus diesem Pool an Fakten herausholen können und ein Geschäft für sich zu machen. Diese Leute sind nicht wegen des gemeinsamen Mehrwerts in deiner Nähe, sondern um von dir zu profitieren.

Die anderen schauen sich die Informationen an und denken aktiv darüber nach, wie aus dem Gesamtwerk an zusammengekommenem Wissen und der Fähigkeiten aller der gesamte innere Kreis daraus etwas machen kann und ein gemeinsamer Vorteil für alle entsteht.

Dazu gesellt sich die wertvolle Fähigkeit, dass diese Menschen, neue Erkenntnisse immer in die Gruppe bringen und so dich und andere im Kreis wieder zum Denken anregen, weil du Situation X noch nie aus genau diesem Blickwinkel betrachtet hast.

Die zweite Gruppe ist die, die du näher an dich binden solltest, als die erste, denn sie fördert, dass dein gesamter innerer Kreis gemeinsam lernt und sich nach vorne bringt. Jeder in diesem Kreis, sollte etwas beitragen können, keiner nur mitnehmen.

Der Blick auf Details und persönliche Vorlieben

Man könnte sagen, dieser Punkt ist eher ein Bonuspunkt, doch er ist für dich aber auch dein Umfeld unendlich wertvoll.

Wenn du z.B. bei einem deiner Freunde weißt, dass er gerne am Kopfende des Tisches im Restaurant sitzt, lass ihm diesen Stuhl frei, und wenn sich deine Freundin im Taxi auf dem Platz hinter dem Beifahrer am sichersten fühlt, sitzt sie dort und nicht du.

Und das gleiche gilt natürlich anders herum, wenn dir viel an einer gewissen Weinsorte liegt, bekommst du zur richtigen Gelegenheit eben genau diese Flasche geschenkt, und nicht irgendeine.

Hierbei geht es sicherlich nicht darum, jedem alles recht machen zu wollen oder müssen, sondern um die kleinen Dinge im Leben, die euch allen im engsten Kreis helfen, dass das Leben noch um das i-Tüpfelchen besser wird.

Was hinter deinem Rücken passiert

Abgesehen davon, dass es ein ganz schlechter Stil ist, schlechtes über Menschen hinter ihrem Rücken zu reden, ist das auch noch ein Punkt der in deinem inneren Kreis nicht vorkommen sollte.

In einer solchen Konstellation, in der ihr viele persönliche Dinge teilt, sollte gelten „was im Kreis passiert, bleibt im Kreis“.

Das ist nahe an dem vorher genannten Kriterium der Vertraulichkeit, doch noch einmal eine andere Dimension, wenn jemand, dem du vertraust über dich schlecht spricht, wenn du nicht dabei bist. Diese Personen solltest du mit als erstes aus deinem näheren Umfeld entfernen.

Keine finanziellen Erwartungen

Wenn du derjenige in der Gruppe bist, der am meisten verdient (oder das größte Vermögen hat) willst du darauf achten, dass du keine Leute in deinem engen Umkreis hast, die nur wegen des Geldes da sind. Also immer wenn ihr Essen geht, die Erwartung im Raum steht, dass du schon die Rechnung übernimmst.

Ist jemand anders in der Gruppe finanziell besser gestellt als du, erwartest du ebenfalls nicht von ihm oder ihr, dass er oder sie dich immer einlädt.

Eine gegenteilige Erwartung führt zu gemeinsamer Stärke:

Bestelle dein Essen immer so, als wenn du davon ausgehst, dass du heute der bist, der die ganze Gruppe einlädt.

Das ganze gilt natürlich nicht nur für den Restaurantbesuch, sondern auch fürs Hotel, den Firmenwagen, die Geburtstagsgeschenke, usw.

Wenn jeder so handelt, dass er oder sie immer den kompletten „Deckel“ auf sich nehmen kann, bleibt man auf Augenhöhe.

Gepflegtes Äußeres und Auftreten

Ja, das ist ein sehr oberflächlicher Punkt, aber er gehört einfach mit dazu. Mit gepflegtem äußeren ist hier weder Schönheit (die ja sowieso im Auge des Betrachters liegt) und auch keine Kleiderordnung (es muss jeder einen Anzug oder ein Kostüm tragen) gemeint.

Vielmehr geht es um die Dinge des Alltags, die jeder für sich umsetzen kann, wie Körperhygiene und gewaschene Kleidung.

Wenn jemand in deinem Team „der Messie“ oder „die Stinkerin“ ist, ist derjenige oder diejenige einfach schwer integrierbar und es sagt – oft – auch viel über die anderen Charaktereigenschaften der Person aus.

Neben diesen körperlichen Dingen gibt es aber auch Verhaltensweisen, von denen du dir genau überlegen solltest, ob sich diese Menschen für dein enges Umfeld eignen.

Benutzt jemand ständig Schimpfwörter, hat seine Körperfunktionen nicht im Griff, seine Finger an Orten an denen sie in der Öffentlichkeit nicht sein sollten, oder mimt den Clown oder den Anführer, dann kann es schnell dazu kommen, dass beim Rest der Gruppe das sogenannte „Fremdschämen“ einsetzt, und vielleicht irgendwann Außenstehende jemand anderen aus der Gruppe fragen, wie es denn passieren konnte, dass genau diese Person in euren sonst ganz passablen Zirkel gekommen ist.

Worten folgen Taten

Wenn du jemanden um etwas bittest, und die Person sagt dir zu, dass sie das erledigt und dann passiert nichts. Wie stark würdest du beim nächsten mal, wenn du diese Person um etwas bittest damit rechnen, dass es dann passiert?

Je häufiger das passiert, desto stärker sinkt die Glaubwürdigkeit dieser Person, und der „Nutzen“ dieser Person für dich und deinen inneren Kreis.

In deinem inneren Kreis sollte jedes Ja ein ernst gemeintes Ja und jedes Nein ein ernst gemeintes Nein sein.

Hier ist auch „überreden“ nicht angebracht (siehe weiter oben das Thema Manipulation). Wenn sich jemand in deinem Umfeld mit einer bestimmten Sache nicht wohl fühlt und etwas nicht machen möchte ist das eine valide Aussage und nichts, worüber man debattieren muss. Doch soll diese Person auch genug Anstand und Selbstvertrauen mitbringen, um dieses Nein klar zu äußern, denn so wissen alle im Team, was der Stand der Dinge ist.

In deinem inneren Zirkel setzt niemand den anderen unter Druck eine Sache zu tun, aber gleichzeitig müssen Zusagen verbindlich sein.

Wir alle, auch du und dein innerer Kreis, machen Fehler oder vergessen Dinge.

  • Vergessen eine wichtige Mail zu senden: passiert
  • Am Vorabend zu viel gefeiert und am nächsten morgen verschlafen: passiert
  • Überweisung nicht gemacht: passiert

Wenn das ein mal vorkommt, gehört es im inneren Kreis dazu „Schwamm drüber“ zu sagen. Entwickelt sich daraus ein Dauerzustand, solltest du den Mut haben, das anzusprechen.

Wie angestrengt Menschen versuchen, Teil deines Kreises zu werden

Hier ist weder geringes Interesse noch dauerhaftes Versuchen ein gutes Zeichen.

Wenn Menschen überhaupt keine Anstrengungen unternehmen, um in deine Nähe zu kommen ist es meist ein sehr einseitiges Bedürfnis, d.h. du hättest die Person gerne nahe an dir, sie aber interessiert sich nicht wirklich für dich.

Oder aber im anderen Extrem versucht vielleicht jemand jede Gelegenheit, die er mit dir gemeinsam verbringen kann, dazu zu nutzen, in eben diesen engsten Kreis vorzustoßen. Während dich hier aufrichtiges Interesse durchaus erst einmal ehren kann, werden solche Menschen, die dauernd an deinen Fersen hängen eher lästig als hilfreich und du solltest dir ihre Motive sehr genau anschauen.

Bestenfalls sind sie einfach nur große „Fans“, im schlimmsten Fall kann so jemand aber auch zum Stalker werden.

Den extra Schritt gehen

Das sind die Menschen in deinem Leben, die einfach über das hinaus gehen, was jeder andere „normale Freund“ für dich machen würde und dafür nichts zurück erwarten.

Menschen, die sich durch solche Handlungen auszeichnen, sollten auf jeden Fall Teil deines inneren Kreises sein, nicht, weil du davon profitieren willst, dass sie jederzeit „alles“ für dich tun, sondern weil solche Verbindungen im Leben sehr selten sind, und, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruhen, dein Leben auch auf ein komplett neues Level heben können.

Wie du diese Punkte für dich in deine individuelle „Formel“ aufnimmst um zu bewerten, wer in deinen inneren Kreis aufgenommen werden sollte und wer nicht, ist natürlich wieder eine ganz persönliche Entscheidung.

Vielleicht bewertest du die kleinen Dinge des Alltags wichtiger als Vertraulichkeit oder umgekehrt, nimmst noch zusätzliche Punkte in die Formel auf oder lässt andere ganz weg.

Wichtig ist weniger, wie genau die Formel aussieht, sondern dass du einen solchen Bewertungsmaßstab für dich hast und diesen konsequent anwendest, auch wenn das heißt, dass manche Menschen, die aktuell in diesem Kreis sind, diesen verlassen müssen.