Im folgenden geht es viel um Recht und Gesetz. Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen.

Egal ob echte Liebe, Zweckgemeinschaft oder zum Erlangen einer zweiten Staatsbürgerschaft, für viele steht im Laufe des Lebens einmal oder gar mehrmals das Thema „heiraten“ auf der persönlichen Agenda.

Während der Bund fürs Leben schon für das durchschnittliche Ehepaar im jeweiligen Heimatland erhebliche Konsequenzen haben kann, die wohl überlegt sein wollen, ergeben sich bei Ehen über Landesgrenzen und Staatsangehörigkeiten hinweg noch einige ungewöhnliche rechtliche Regelungen, auf die man sich vorher einrichten sollte, um nicht negativ überrascht zu werden.

Grundlage für solche internationalen Ehen (und andere internationale „Verträge“) bildet das sogenannte internationale Privatrecht (in Fachkreisen oft IPR abgekürzt).

Das IPR ist ein Gesamtwerk, dass bestimmt, wie Dinge zwischen Menschen mit unterschiedlichem Wohnsitz und/oder unterschiedlicher Staatsbürgerschaft geregelt werden sollen.

Dabei beinhaltet das IPR meist keine eigenen Gesetze und Bestimmungen, sondern enthält sogenannte Verweise auf das jeweilige Gesetz des Landes, dass nach seinen Regeln für eine gewissen Sachverhalt zuständig ist.

Beispiel: Wollen z.B. ein deutscher Mann und eine italienische Frau in Deutschland heiraten, verweist das IPR darauf, dass:

  • Italien das Mindestalter für die Ehe der Frau festlegt, da sie Italienerin ist
  • Deutschland die Form der Eheschließung bestimmt (Standesbeamter), da hier die Ehe vollzogen wird
  • Deutschland für das Ehefähigkeitszeugnis des Mannes (sofern benötigt) zuständig ist, da der Mann Deutscher ist

Das IPR macht also selbst keine Aussage über Alter, Form und Papiere, sondern zeigt nur auf, wo etwas zu finden ist.

Komplexer wird das ganze schon dann, wenn mehr als zwei Länder oder Menschen beteiligt sind.

Wollen z.B. eine Kanadierin und ein Österreicher in Luxembourg heiraten, von denen die Kanadierin vorher schon mit einem anderen Kanadier verheiratet war und der Österreicher vorher mit einer Ukrainerin verheiratet war, die mit einem Kind in Österreich gelebt haben, so muss:

  • Kanada bestimmen, ob die vorherige Ehe der beiden Kanadier wirksam geschieden wurde
  • Luxembourg die Form bzw. Regeln der Eheschließung festlegen
  • Entweder Österreich oder die Ukraine über die gültige Scheidung dieses Paares befinden
  • Und Österreich über das Sorgerecht für das Kind aus vorheriger Ehe entscheiden (wenn wir annehmen, dass das Kind beide Staatsbürgerschaften hat)

Besonders spannend wird es dann, wenn das jeweilige Land, dass eigentlich zuständig wäre, eine Regel aus einem anderen Land gar nicht kennt. Dann wird oft hilfsweise wieder zurück an das Land verwiesen, das diese Regel einfordert.

Wenn also z.B. ein Pole in Deutschland eine Brasilianerin heiraten will, würden beide in Deutschland ein Ehefähigkeitsdokument benötigen. Wie ein solches auszusehen hat, müssten jeweils Polen bzw. Brasilien entscheiden. Wenn jetzt (angenommen) Brasilien ein solches Dokument nicht kennt, würde das IPR wieder an Deutschland verweisen, so dass hier entschieden werden kann, wie man das Fehlen eines solchen Dokuments lösen kann (oder ob man darauf verzichtet).

Hat man nun also die Anforderungen des Landes erfüllt, in dem man heiraten will, mit den Unterlagen der Länder aus denen die Ehepartner stammen, stellt sich die nächste Frage, welchen Namen die Eheleute denn tragen wollen.

Während es z.B. in Deutschland üblich ist, dass man sich entweder für den Namen eines Partners entscheidet oder einen Doppelnamen führt (jedoch auch jeder Partner seinen Namen behalten kann), gilt in Spanien z.B. die Regel, dass sich der Name der Ehepartner nicht ändert.

Generell ist das Namensrecht immer im Land der Staatsbürgerschaft des jeweiligen Ehepartners zu berücksichtigen. Selbst wenn in unserem Beispiel Deutschland es zulassen würde, dass eine Spanierin, die in Deutschland einen Dänen heiratet den Namen ihres Ehemannes annimmt, würde Spanien diese Regelung vermutlich nicht mittragen, was dann zu einem sogenannten „hinkenden Namensverhältnis“ führen würde, d.h. die Spanierin hätte in Deutschland einen anderen Namen als in Spanien. So etwas kann dann z.B. zu unverhofften Schwierigkeiten beim Ausstellen von Urkunden oder Ausweisen führen. Ein gut geschulter Standesbeamter weist auf so etwas aber in der Regel hin, bevor das Paar eine ungünstige Entscheidung trifft. Möchte man aber einen alten Namen „loswerden“, kann sich so ein hinkendes Namensverhältnis sogar anbieten.

Gleiches würde hier übrigens auch für ein Kind aus einer solchen Ehe gelten. Unter der Annahme, dass dieses die Staatsbürgerschaften beider Eltern „erbt“, würde es nach der spanischen Regelung zwei Nachnamen haben (den des Vaters und den der Mutter, z.B. Martin Holgerson Sanchez) in Dänemark hingegen nur den des Vaters (oder der Mutter), wenn sich dafür entschieden wurde. Das kann dann dazu führen, dass in Geburtsurkunden und Reisepässen unterschiedliche Namen stehen, mit all dem damit verbundenen Chaos.

Ist die Ehe dann vollzogen, ist die nächste wichtige Entscheidung zu treffen: Unter welchem Recht soll die Ehe (und damit die Rechte und Pflichten dieser) eigentlich geführt werden?

Das IPR sieht hierzu die Möglichkeit das Recht des aktuellen gemeinsamen Aufenthalts der Ehepartner zu wählen (z.B. polnisches Recht, wenn ein Schweizer und eine Griechin in Polen leben), das Recht des letzten gemeinsamen Aufenthalts (wenn z.B. die Griechin nach Ägypten zieht, der Schweizer aber in Polen bleibt, kann weiter polnisches Recht gelten) oder das Recht einer der Länder in denen ein Ehepartner eine Staatsangehörigkeit hat (also Griechenland oder Schweiz). Zieht das Ehepaar gemeinsam z.B. von Polen nach Ägypten und hat vorher polnisches Recht gewählt, kann es zu ägyptischem Recht wechseln (sogenannter Statutenwechsel). Ein solcher Statutenwechsel kann praktisch sein, z.B. im Hinblick auf Erbfolge oder Scheidung. Hat man vorher das Recht eines der Länder der Staatsbürgerschaft gewählt ist ein Statutenwechsel hingegen schwieriger und hängt davon ab, ob ebendieses Land der Staatsbürgerschaft einen solchen vorsieht.

Ein weiterer spannender Sonderfall hierbei ist, wenn im Rahmen der Ehe z.B. ein Partner die Staatsangehörigkeit des anderen annimmt. Hier kann dann, sofern dieses Land das im Gesetz vorsieht, das Recht des Landes der gemeinsamen Staatsangehörigkeit zur Geltung kommen und kein Statutenwechsel mehr möglich sein. (Bsp: Der Schweizer nimmt die Staatsangehörigkeit seiner griechischen Frau an (doppelte Staatsbürgerschaft), und Griechenland hätte die Regel, dass eine Ehe zwischen zwei Griechen immer griechischem Recht unterliegt).

Passiert dieser Sonderfall sogar in beide Richtungen, also beide Partner wären gleichzeitig Griechen und Schweizer, und beide Länder hätten (angenommen) eine solche Regel, wird auf eine fiktive „effektive Staatsangehörigkeit“ abgestellt, also diese, mit denen sich die Partner am meisten verbunden fühlen, sei es, dass sie immer den Pass dieses Landes zum Reisen benutzen, sich selbst als Schweizer oder Grieche bezeichnen, etc.

So wichtig ist diese Entscheidung auch für Eheverträge. Je nachdem welchem Recht die Ehe unterliegt, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Güterverteilung nach Scheidung, unterschiedliche Regeln zum persönlichen und gemeinsamen Besitz, Existenz oder nicht-Existenz von Zugewinngemeinschaften, Unterhaltsrechte, etc.

Es lohnt sich also für alle Länder, die in Frage kommen genau zu analysieren, welche Regeln gelten und ob das im gemeinsamen Sinne beider Partner ist.

Eine Rolle spielt auch das Güterrecht.

Will unser Ehepaar z.B. eine gemeinsame Immobilie kaufen, bestimmt dieses, wer diese besitzt und wie damit zu verfahren ist.

Innerhalb der EU gibt es seit Januar 2019 eine gemeinsame EU-Güterrechtsverordnung, an der aber noch nicht alle Mitgliedsstaaten teilnehmen, die versucht, das Thema zu harmonisieren. Alle „EU Ehen“ (also Ehen zwischen Staatsangehörigen unterschiedlicher Mitgliedsstaaten, die nach Januar 2019 geheiratet haben und nicht außerhalb der EU  leben) werden nach dieser Verordnung beurteilt.

Alle Ehen davor werden nach dem Land behandelt, in dem das Paar am Tag der Eheschließung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern es nicht – wenn es die Gesetze dieses Landes und/oder der Länder der Staatsangehörigkeit erlauben – ein anderes Land für die Beurteilung des Güterrechts ausgewählt hat.

Non-EU Ehen funktionieren ebenfalls nach dieser Regelung.

Ausnahmen (für Ehen vor Januar 2019 oder non-EU Ehen) gibt es dann noch für Grundstücke, für die man – separat vom Recht für den Rest der Güter – das Recht des Staates in dem das Grundstück liegt auswählen kann (bzw. konnte).

Man hofft ja nie, dass es soweit kommt, doch vorbereitet sollte man trotzdem sein: Auf die Scheidung

Auch hier hat die EU begonnen vorzusorgen und auf „EU Ehen“ gilt das Scheidungsstatut der Rom-III Verordnung (seit Mitte 2012) aber wieder nur für Länder, die an Rom-III bzw. dem Statut teilnehmen. Das besagt (vereinfacht), dass wenn die Ehepartner keine Rechtswahl für die Scheidung getroffen haben (oder sich darüber uneinig sind) das Recht des Landes gilt, in dem das Paar seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in dem es das Scheidungsgericht angerufen hat.

Hat das Paar eine Rechtswahl getroffen, hat diese Vorrang vor Rom-III.

Für non-EU Ehen (und EU Länder die bei Rom-III nicht mitmachen) gilt wieder entweder die Rechtswahl des Paares, der gewöhnliche Aufenthalt und/oder die effektive Staatsbürgerschaft.

Das Land, dass die Scheidung durchführt bestimmt wiederum aber nicht über den Güterstand oder Unterhalt.

Für den Güterstand gilt wieder das oben bestimmte Güterrecht und für den Unterhalt gilt (für EU Ehen) das Land des gewöhnlichen Aufenthalts der Unterhalt empfangenden Person d.h. eine in Portugal lebende geschiedene Frau könnte ihren litauischen Ex-Mann nach portugiesischem Recht zum Unterhalt heran ziehen. Für non-EU Ehen gilt in der Regel das gleiche, wenn nicht ein Gericht in dem Land, in dem die Ehe geschieden wird, an ein anderes Land verweist oder das Gesetz des Landes, in dem die geschiedenen Partner ihren Aufenthalt haben anderes regelt.

(Noch) einen Sonderfall stellen derzeit gleichgeschlechtliche Ehen dar.

Das IPR verweist für diese auf die Regelungen zur eingetragenen Lebenspartnerschaft des jeweiligen Landes, sofern es diese dort gibt.

Diese Lebenspartnerschaften unterliegen in der Regel den Gesetzen des Landes, in dem die Lebenspartnerschaft ins Register eingetragen wurde, insbesondere im Hinblick auf Eintragung, Änderung und Löschung.

Vergleichsweise schlecht gestellt können die Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft sein, in deren Land der Staatsbürgerschaft keine Anerkennung einer solchen besteht (oder diese gar illegal oder mit Strafen belegt ist). Hier gibt es dann oftmals kein passendes Gesetz, auf dass das IPR zum Thema Unterhalt oder Scheidung verweisen könnte.

Bleibt, last but not least, das Thema Kinder.

Während sich die Staatsbürgerschaft des neuen Kindes vergleichsweise einfach entweder nach der seiner Eltern und/oder nach dem Ort seiner Geburt richtet, sind viele andere Themen rund um Kinder im IPR wieder recht komplex.

Bringt z.B. eine russische Frau in Irland ein Kind eines maltesischen Mannes zur Welt, der jedoch die Vaterschaft abstreitet, so wird erst einmal das irische Recht für die Verwandschaftsbeziehungen des Kindes heran gezogen, also nach irischem Recht schon einmal die Mutterschaft der russischen Frau für das Kind festgestellt. Das leitet sich aus dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes her.

Ebenso kann die Mutter anhand des Rechtes ihrer russischen Staatsbürgerschaft die Mutterschaft auch aus russischem Recht ableiten und erfassen lassen.

Die Klärung der Vaterschaft hingegen wird nach Malta delegiert so dass der maltesische Mann den dortigen Regularien (z.B. zur Zulassung von Vaterschaftstests) unterworfen ist. Erfolgt eine solche Vaterschaftsfeststellung dann positiv, kann das Kind (bzw. hilfsweise seine Mutter) wieder nach irischem Recht (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes) Unterhaltsforderungen an den maltesischen Vater geltend machen, falls nicht sowieso eine Ehe besteht, die dann wieder durch Rechtswahl oder andere bereits beschriebene Mittel anderes regelt.

Das Internationale Privatrecht bietet also sowohl sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten für die Ehe als auch ausreichend Fallstricke für ungeübte Eheschließerinnen und Eheschließer.

Bevor man sich also „traut“ den Bund des Lebens einzugehen, kann eine detaillierte Beschäftigung mit dem Thema und eine passende Beratung dazu nicht schaden.