Dieser Beitrag bezieht sich auf einige Gesetzestexte, die sich inzwischen geändert haben könnten. Beachte unseren Hinweis zu Rechts- und Finanzthemen
Mit dem Übertragen der Vermögenswerte auf die nächste Generation kann man sich gar nicht früh genug befassen. Da die Freibeträge in Deutschland jedoch recht überschaubar sind, braucht es Alternativen. Einige davon finden sich im Bereich der Auswanderung. Dies ist für viele vermögende Deutsche allerdings keine Option, insbesondere durch die immer strengeren Regelungen zur Wegzugsbesteuerung. Deshalb zeigt der heutige Artikel eine etwas exotischere Art der (fast) steuerfreien Vermögensübertragung mit Hilfe eines GRAT (Grantor Retained Annuity Trusts), zwei US Corporations und einem Aktiendepot.

Nehmen wir an, unser Ziel ist es möglichst viel vom Wertzuwachs unseres Vermögens an die nachfolgende Generation (oder auch einen beliebigen Dritten) weiter zu geben. In unserem Beispiel besteht ein mobiles Vermögen (Bar oder in Bargeld wandelbar) von 10 Millionen €, davon wollen wir innerhalb der kommenden 10 Jahre 6 Mio an unser einziges Kind weiter geben. Hierauf gibt es einen Freibetrag von 400.000€ im ersten Jahr und noch einmal 400.000 nach Ablauf des zehnten Jahres, so dass wir 5,2 Mio versteuern müssten, was zu einem Verlust von 988.000€ führt.

Hier kommt jetzt ein GRAT ins Spiel.

Ein GRAT ist ein amerikanischer Trust, der das Ziel hat, das in ihn eingezahlte Kapital dem Einzahler zuzüglich eines (sehr geringen) Zinses in Raten zurück zu zahlen, und alle weiteren Gewinne, die das Kapital erwirtschaftet, an einen beliebigen begünstigten ohne Fälligkeit von Einkommens- oder Schenkungssteuer zu übertragen.

Dazu müssen nur zwei Bedingungen erfüllt sein:

  • Der Einzahler in den Trust muss am Tag der Zahlung der letzten Rate noch am Leben (bzw. ein aktives Unternehmen) sein.
  • Der GRAT muss mehr Gewinn gemacht haben als der niedrige angenommene Basiszins.

Der angenommene Basiszins sei in unserem Beispiel ca 2% (Wert von Anfang 2020). Dieser wird vom US Finanzamt monatlich fest gesetzt. Für November 2020, als dieser Beitrag erschienen ist, lag dieser sogar nur bei 0,54%, was jedoch dank Covid19 kein langfristig realistischer Wert ist, jedoch für spontane GRAT Gründungen ein sehr guter „Einstiegskurs“.

Zahlen wir also Anfang 2020 unsere 10 Millionen € in einen GRAT mit 10 Jahren Laufzeit ein und müssen uns selbst 2% Zinsen p.a. zahlen, müssen wir uns nach 10 Jahren 12 Millionen zurück zahlen (200.000€ / Jahr, kein Zinseszinseffekt). Die 2 Millionen Gewinn würden, wenn wir das als Person selbst machen, der deutschen Einkommenssteuer unterliegen (doch das können wir verhindern, dazu später mehr).

Nehmen wir jetzt an, unsere 10 Millionen € sind konservativ in einem Indexfond (z.B. MSCI World) geparkt, der 8% p.a. im Schnitt erwirtschaftet, haben wir nach 10 Jahren 18 Millionen € (kein Zinseszinseffekt). Ziehen wir davon die 12 Millionen, die wir uns selbst zurück zahlen müssen ab, bleiben 6 Millionen die wir (fast) steuerfrei ans Kind übergeben können.

Leider hat es uns der deutsche Gesetzgeber aber nicht ganz so einfach gemacht. Insbesondere §15 Außensteuergesetz ist hierbei relevant. Dort wird in Absatz 4 erst einmal unser GRAT einer ausländischen Stiftung gleich gestellt und sein Gewinn würde damit unter die Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer (nicht aber Erbschaftssteuer) fallen.

Um das zu verhindern, brauchen wir nun zwei US Corporations (genau genommen C Corporations).

Beide Corporations benötigen zuerst einmal Substanz in den USA (Büro, einen Mitarbeiter, etc.) damit die Corporation nicht nach dem deutschen Außensteuergesetz in Deutschland besteuert wird. Auch sollte die Geschäftsführung vor Ort in den USA erfolgen. Dies lässt sich jedoch für vergleichbar geringes Geld umsetzen.

Eine der beiden Corporations wird von uns als die Person, die das Vermögen übertragen will gegründet.

Wir zahlen also als Gründer unsere 10 Mio € als Stammkapital in diese Corporation ein (Corporation A). Das ist steuerneutral möglich.

Diese Corporation eröffnet ein (oder besser mehrere) Aktiendepot(s) und investiert das Geld in unseren Indexfond.

Corporation B wird von unserem Kind bzw. dem Begünstigten begründet und bekommt ein minimales Stammkapital, das ausreicht um die Substanz zu finanzieren.

Unsere Corporation A ruft nun einen GRAT ins Leben, bringt das Aktiendepot als Vermögen ein und setzt Corporation B als Begünstigten des verbleibenden Gewinnes nach Rückzahlung von Einsatz und Nominalzins ein (die verbleibenden 6 Mio).

Dieses Konstrukt stellt sicher, dass unser Trust-Konstrukt nicht unter §15 Abs 1 AStG fällt, da es weder einen unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter gibt noch unbeschränkt steuerpflichtige Personen, die bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind. Beide Corporations wären – wenn überhaupt – beschränkt steuerpflichtig, wenn sie Umsätze in Deutschland hätten. Weder der Inhaber von Corporation A oder B kann am Agreement des GRAT etwas ändern (sog. irrevocable trust).  In den Jahren bis zur Auszahlung sind auch unsere Inhaber von Corporation B (und ggf. auch A) keine Anfallsberechtigten (im Sinne von von § 15 Abs. 2 AStG , da ja noch nicht klar ist, ob unser Investment Gewinn über dem Basiszins erwirtschaftet und damit sog. Zufallsdestinitäre. (BMF v. 14.05.2004 – IV B 4 – S 1340 – 11/04 BStBl 2004 I Tz. 15.2.1.)

Für die Rückzahlung bleiben uns zwei Varianten, wobei die erste einfacher zu verstehen ist, die zweite aber mehr Möglichkeiten bietet, schneller viel Geld zu verschieben.

Variante 1

Im Laufe der ersten neun Jahre zahlt nun unser GRAT die nominale Verzinsung des Geldes zzgl. einer minimalen Rückzahlung (z.B. 1 Dollar) an Corporation A zurück, die dieses Geld steuerfrei vereinnahmt und wahlweise anders anlegt.

Im zehnten Jahr bekommt Corporation A die letzte nominale Zinszahlung und die ursprünglichen 10 Mio € zurück. Optional zahlen wir uns das Geld wieder aus, oder das Spiel geht von vorne los.

Gleichzeitig bekommt nach der letzten Ratenzahlung Corporation B die 6 Mio € Überhang steuerfrei ausgezahlt.

Variante 2

Hier schalten wir weitere kürzer laufende GRATs hintereinander, und nehmen in den ersten vier Jahren jeweils 20% unserer 10 Mio (+ Zins) jedes Jahr wieder in Corporation A zurück (und danach wieder einen minimalen Betrag) und reinvestieren diese in einen neuen GRAT. Zwar hat dieses Vorgehen etwas höhere laufende Kosten, weil wir mehrere GRATs verwalten müssen, schafft aber bestenfalls einen guten cost average Effekt beim Nominalzins, wenn dieser durch die wirtschaftliche Entwicklung günstiger liegt als beim Aufsetzen des ersten GRAT.

Ergebnis

Nach spätestens 10 Jahren hat unser Begünstigter ca. 6 Mio € steuerfrei in einer US Corporation, die er nach belieben reinvestieren kann, oder – wenn ein Teil davon cash benötigt wird – entsprechend als Dividende auszahlen (die dann natürlich im Wohnsitzland besteuert wird). Wird privates Geld benötigt, dürfte es aber wirtschaftlicher sein, die Assets der Corporation mit einem ELOC zu beleihen.

Kosten

Jetzt müssen wir die Kosten hierzu noch zur Erbschaftssteuer ins Verhältnis setzen. Wir erinnern uns, die reguläre deutsche Lösung kostet 988.000€ Erbschaftssteuer.

Dem entgegen setzen wir:

Gründung von zwei Corporations: ca. 4.000€

Laufende Kosten der Corporations für 10 Jahre: 30.000€ (1,500€/Jahr pro Corporation).

Gründung eines GRAT beim Anwalt: ca. 5.000 – 10.000€

Büromiete (kleines Büro, geteilt von beiden Corporations) für 10 Jahre: 48.000€ (ca. 400€/Monat)

Angestellter Geschäftsführer in Teilzeit (Eine Person für beide Corporations, etwas mehr als Mindestlohn): ca. 75.000€ (ca. 7.500€/Jahr als Teilzeitstelle, bei aktuellem Mindestlohn von $7.25/h).

Reisekosten: ca. 10.000€ (einmal im Jahr nach dem rechten sehen).

Gesamt: 168.000€ 

Dies entspricht einer Erbschaftssteuerquote von 3,1% auf unsere 5,6 Mio € bzw. einer Ersparnis von 820.000€

Wie man an den Beträgen merkt, lohnt sich solch ein GRAT erst ab größeren Summen, die man übertragen möchte. Der Sweet Spot liegt für die Übertragung an Kinder so bei 1,5 Mio €, für die Übertragung an fremde Dritte (z.B. den unverheirateten Lebenspartner) schon bei ca. 900.000€.

Risiken

Generell funktioniert ein GRAT nach dem Prinzip: Landet die Münze auf Kopf, gewinne ich, landet sie auf Zahl, verliere ich nicht.

Ein Risiko gilt es aber trotzdem zu bedenken, die bei der Verwendung des GRAT Probleme bereiten können:

Die Rendite unserer Anlage ist niedriger als der Nominalzins des Finanzamts

In diesem Fall machen wir zwar keinen Verlust, doch unser GRAT geht „Null auf Null“ aus, da kein Geld überbleibt, dass wir unserer Corporation B überlassen können. Alles Geld geht wieder an Corporation A zurück und wir haben die 168.000€ in den Sand gesetzt.

Die 10 Jahre sind übrigens nur ein Beispiel, natürlich kann man GRATs auch mit deutlich kürzeren Laufzeiten gründen, jedoch bringen erst längere Laufzeiten spannende Differenzen zwischen Nominalzins und echter Rendite des Investments.

Ob die Nutzung eines GRAT zu den eigenen Übertragungsplänen passt oder doch ein zu schmaler Grat ist, lässt sich in einem Beratungsgespräch klären.