Dieser Artikel befasst sich mit Rechts- und Steuersachverhalten. Bitte beachte hierzu unseren Hinweis zu Rechtsthemen.

Vor einiger Zeit haben wir über die EU Richtlinie DAC6 berichtet, die deinen Steuerberater in einem EU Land dazu verpflichtet, internationale Steuergestaltungen mit dem Finanzamt zu teilen.

Mit der nächsten Stufe des Datenaustauschs – DAC7 – werden nun Onlineplattformen zur Mitwirkung und zum Datenaustausch verpflichtet. Was diese Mitwirkung für Gigworker allgemein und für ortsunabhängige Freelancer und Unternehmer im besonderen bedeutet, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.

Was ist DAC7?

DAC7 (oder auch ausführlich Änderungsdokument 2020/0148 (CNS) zur Richtlinie 2011/16/EU) ändert die EU Richtline zum vereinfachten Austausch von Steuerinformationen in der Art ab, dass Plattformbetreiber an die Mitgliedsstaaten der EU Informationen zum Verkäufer (Person oder Firma) und dessen Umsätzen weiterleiten müssen.

Damit soll sichergestellt werden, dass diese Verkäufer ihre Umsätze in der richtigen Höhe und im richtigen Land versteuern.

Was sind Plattformen?

Unter Plattformen versteht man hier Webseiten (aber auch Apps oder andere Formen von Software), die den Verkäufern dabei helfen, ihre Angebote an Kunden zu platzieren und über diese Plattform zum Verkauf anzubieten. Bei den Angeboten kann es sich um physische oder digitale Produkte, Dienstleistungen (egal ob online oder offline) aber auch die Vermietung von Immobilien handeln.

Populäre Beispiele wären z.B.

  • Fivver
  • Upwork
  • Ebay
  • Amazon
  • AirBnB
  • Booking.com
  • Uber
  • Click&Boat
  • Udemy
  • Skillshare
  • Facebook Marketplace (nur wenn auch via FB bezahlt wird)

Nicht betroffen sind hingegen reine Zahlungsdienstleister wie PayPal oder Stripe, reine Werbseiten wie Ebay Kleinanzeigen oder Webseiten, die nur auf Portale umleiten (z.B. Affiliateseiten, Blogs, etc.) sowie Seiten, die ausschließlich die eigenen Produkte oder Dienstleistungen anbieten (z.B. die eigene Unternehmenswebseite mit Onlineshop oder Buchungsfunktion).

Ebenfalls außen vor sind die Plattformen, die zwar eigentlich unter die Definition von „Plattform“ fallen, aber deren Geschäftsmodell so aufgebaut ist, dass sie keine Verkäufer haben, die gemeldet werden müssen (siehe folgender Punkt), z.B. ein Gebrauchtwarenportal, bei dem die Umsatzschwellen nicht erreicht werden.

Meldepflichtige Plattformen sind dabei nicht nur diese, die in der EU (steuerlich) ansässig sind, sondern auch welche, die nach dem Recht eines EU Staats eingetragen sind (z.B. eine US LLC oder UK Limited die sich ins deutsche Handelsregister hat eintragen lassen), deren tatsächliche Geschäftsführung in der EU passiert, aber auch Plattformen, die keine der vorherigen Regeln erfüllen aber die Möglichkeiten von Verkäufen in die EU bieten und/oder die Vermietung von EU Immobilien ermöglichen (so wäre z.B. AirBnB auch meldepflichtig, wenn diese keine Niederlassung in Irland hätten).

Plattformen, die bereits durch eine andere Vereinbarung mit einem Mitgliedsstaat vergleichbare Daten austauschen (z.B via MRDP) sind hingegen von DAC7 ausgeschlossen (sogenannte Qualified Non-Union Platform Operators).

Welche Verkäufer müssen gemeldet werden?

Generell müssen alle Verkäufer die Residenten in der EU sind (sei es der private Wohnsitz, der Firmensitz oder der Ort der Geschäftsleitung) gemeldet werden. Bei der Vermietung von Immobilien reicht aus, dass die Immobilie innerhalb der EU ist, unabhängig vom Wohnsitz, Firmensitz oder Aufenthalt der Geschäftsleitung.

Alle Verkäufer die mindestens 30 Transaktionen pro Jahr oder über 2.000 Euro Transaktionsvolumen auf der Plattform haben, müssen gemeldet werden. Nur wenn beide Kriterien unterschritten werden (also weniger als 30 Transaktionen und weniger als 2.000 Umsatz) darf die Meldung entfallen.

Dabei ist das Thema „Resident“ sehr weit gefasst. Es reicht aus, dass der Verkäufer für seine Registrierung auf der Plattform eine Adresse und/oder Steuernummer in der EU angegeben hat (auch wenn er dort de-facto gar nicht wohnt / seinen Sitz hat).

Was wird gemeldet?

Für natürliche Personen:

  • Name
  • Anschrift
  • Steuernummer / TIN aller Mitgliedsländer in der die Person eine solche Nummer hat und angegeben hat.
  • Personenkennziffer (sofern das EU Land eine solche vergibt)
  • VAT ID
  • Geburtsdatum
  • Kontonummer / Bankverbindung
  • Gesamtsumme der Vergütung (quartalsweise)
  • Alle Mitgliedsstaaten in denen die Person steuerlich ansässig ist (oder sein könnte auf Basis der vorliegenden Informationen)
  • Von der Plattform einbehaltene Gebühren oder Steuern
  • Wenn der Kontoinhaber vom Namen des Verkäufers abweicht: Name des Kontoinhabers auf dessen Konto überwiesen wird, sowie alle weiteren Informationen, die der Plattformbetreiber über diesen Kontoinhaber hat.
  • Wenn keine Steuernummer vorhanden ist: Geburtsort der Person

Für juristische Personen:

  • An das Geburtsdatum tritt die Unternehmensnummer/Registernummer
  • Zusätzlich zur hinterlegten Anschrift kommt noch die des registered office (im Handelsregister hinterlegte Anschrift)

Bei der Vermietung von Immobilien zusätzlich die Adresse(n) der vermieteten Immobilien und die genauen Zeiträume der Vermietung.

Ist der Betrag den der Verkäufer erhalten hat nicht in Fiatwährung, ist der Plattformbetreiber angehalten, das entsprechend umzurechnen.

Ebenso muss der Plattformbetreiber melden, wenn er den Verdacht hat, dass die vom Verkäufer angegebenen Informationen unvollständig oder nicht korrekt sind. In diesem Fall muss der Plattformbetreiber ein Ausweisdokument und aktuelles Steueransässigkeitszertifikat vom Verkäufer anfordern.

Wohin wird gemeldet?

Ist ein Plattformbetreiber nur in einem EU Land registriert, meldet er an die Finanzbehörden des jeweiligen EU Landes, die die Informationen dann in ein EU-weites System zum Datenaustausch einstellen. Ist ein Plattformbetreiber in mehreren Ländern unterwegs, kann er sich ein Land aussuchen, an dessen Finanzbehörden gemeldet wird. Das gleiche gilt für non-EU Plattformbetreiber.

Ab wann wird gemeldet?

Das erste Jahr, dass gemeldet wird ist das Jahr 2023 und die Meldungen müssen bis 31. Januar 2024 erfolgt sein.

Strafen

Für Verkäufer, die auf Plattformen nicht alle erforderlichen Daten bereitstellen sind die Plattformen verpflichtet den Account auf der Plattform zu schließen und es dem Verkäufer unmöglich zu machen, sich wieder anzumelden.

Plattformen, die nicht die gewünschten Daten übermitteln unterliegen den Strafen der individuellen Mitgliedsstaaten.

Beispiele für Meldungen

Beispiel 1:

Lieschen Müller ist Uber-Fahrerin in Deutschland wohnt aber in Belgien. Zur Vereinfachung hat sie bei Uber eine deutsche Adresse und Telefonnummer, aber eine Adresse in Belgien hinterlegt. Sie hat in 2023 mehr als 30 Fahrten erledigt und mehr als 2000 Euro verdient.

Uber hat sein europäisches Hauptquartier in Amsterdam (Niederlande) und berichtet ab 2023 an das dortige Finanzamt die Daten von Lieschen Müller und vermerkt, dass Lieschen auf Basis der dortigen Daten sowohl in Deutschland als auch in Belgien steuerpflichtig sein könnte. Sowohl Belgien als auch Deutschland erhalten Zugriff auf die vom Finanzamt der Niederlande eingestellten Informationen und können daraufhin prüfen, ob eine Steuerpflicht vorliegt.

Beispiel 2:

Peter Lustig wohnt in Kolumbien und vermietet über AirBnB Ferienwohnungen auf Mallorca. Auf AirBnB hat er die Adresse einer seiner spanischen Wohnungen angegeben. Peter hat mehr als 30 Vermietungen im Jahr gehabt und mehr als 2000 Euro verdient. AirBnB hat seinen Hauptsitz in Irland und übermittelt die Daten von Peter ans irische Finanzamt, die wiederum das spanische Finanzamt über Peters Vermietungen und Einkünfte informiert. Spanien kann daraufhin prüfen ob Peter in Spanien seine Mieteinnahmen ordnungsgemäß angibt.

Beispiel 3:

Karl Klammer lebt in Panama und ist auf Upwork über seine UK Limited angemeldet, die noch einen Eintrag im deutschen Handelsregister hat.

Upwork hat keine Niederlassung in der EU, kann sich also ein beliebiges EU Land zur Meldung der Daten aussuchen und wählt Malta und berichtet Malta über die Verkäufe von Karls UK Limited. Durch die Eintragung der UK Limited im deutschen Handelsregister bekommt Deutschland Zugriff auf die Daten und kann prüfen, ob die UK Limited der deutschen Steuerpflicht unterliegt.

Probleme für Digitale Nomaden und ortsunabhängige Unternehmer

Beispiel 1:

Stefanie Sanchez ist digitale Nomadin und lebt auf Bali. Sie ist bei Upwork als Texterin angemeldet und hat dort – aus Bequemlichkeit – die Adresse eines Postscanservices in Spanien und ihre ehemalige spanische Steuernummer angegeben. Ein eigenes Unternehmen im Ausland hat sie nicht gegründet und bezieht ihre Einnahmen aus Upwork „brutto für netto“.

Upwork meldet nun die Umsätze von Stefanie unter der Angabe ihrer spanischen Adresse an ein EU Finanzamt (z.B. Malta), das die Daten dem spanischen Finanzamt weitergibt. Daraufhin stoßen die Behörden eine Prüfung an, ob Stefanie in Spanien steuerpflichtig ist. Da sie kein Steuerzertifikat eines anderen Landes vorweisen kann, wird sie ihre Einkünfte in Spanien versteuern müssen, da Spanien ein solches in der Regel zur Entlassung aus der dortigen Steuerpflicht für seine Bürger fordert.

Beispiel 2:

Peter Pan ist ortsunabhängiger Unternehmer und vermietet Ferienwohnungen über Booking.com in mehreren Ländern. Dort hat er als Firma seine US LLC eingetragen, er selbst lebt ohne festen Wohnsitz (Dauerreisender).

Booking.com hat seine EU Zentrale in Amsterdam und übermittelt dem niederländischen Finanzamt alle Umsätze und Adressen aller Immobilien. Das niederländische Finanzamt informiert nun alle Länder in denen die LLC von Peter eine Immobilie besitzt. Diese Länder können nun sowohl prüfen, ob die LLC dort die Mieteinnahmen korrekt versteuert und die nötigen Lizenzen besitzt, als auch, ob die US LLC dort nicht eine Betriebsstätte auslöst (z.B. weil Peter seine Wohnung zeitweise selbst nutzt und von dort arbeitet) und mehr als nur die Mieteinkünfte dort versteuert werden müssten.

Beispiel 3:

Maria Munter ist deutsche, arbeitet als Coach, lebt in Mexico, verkauft ihre Onlinekurse auf Udemy unter dem Namen ihrer kanadischen LP, lässt sich das Geld aber mangels ordentlichem Firmenkonto auf ihr privates Fintech-Konto in Litauen überweisen (bei dem sie ihre deutsche Adresse und Steuernummer hinterlegt hat). Umsatzsteuerlich hat sie ihre LP für (M)OSS in Deutschland registriert, da sie nur deutsche Kunden hat.

Udemy hat seinen Sitz in Irland und informiert das irische Finanzamt über die LP als auch über den abweichenden Kontoinhaber mit Sitz in Litauen. Damit bekommen sowohl Litauen (Konto) als auch Deutschland (VAT Registrierung) Zugriff auf die Informationen und prüfen sowohl die Steuerpflicht der LP im jeweiligen Land als auch eine persönliche Ansässigkeit von Maria dort. Während die Ansässigkeit in Litauen alleine wegen eines Kontos eher nicht Frage kommt, wird hingegen das deutsche Finanzamt hier genauer hinschauen.

Generell lassen sich also die folgenden „Fallstricke“ für digitale Nomaden und ortsunabhängige Unternehmer herausarbeiten:

  • Angabe von veralteten Adress- oder Steuerinformationen bei Plattformen, sei es aus Bequemlichkeit oder mangels Alternative
  • Kein „echtes“ Unternehmen zur Abrechnung, sondern auf privaten Namen unter einer EU Anschrift
  • Kein Steueransässigkeitszertifikat zum Entkräften eines Anfangsverdachts der steuerlichen Ansässigkeit wenn eine lokale Steuernummer/Adresse eines EU Landes verwendet wurde
  • Unklarer Geldfluss (z.B. Eintragung der Firma bei der Plattform, Geldfluss auf Privatkonto).

Was ist zu tun?

Als ortsunabhängiger Unternehmer, der Plattformen für sein Geschäft nutzt,  solltest du dafür sorgen, dass die Adress- und Steuerinformationen die der Plattform vorliegen zum einen plausibel sind, zum anderen auch – wenn du keinen Steuerwohnsitz in der EU hast – aus einem non-EU Land stammen.

Hast du einen EU Wohnsitz sollten die Daten aus dem Land stammen, das mit deinem tatsächlichen Steuerwohnsitz übereinstimmt, um Fehlmeldungen an unbeteiligte Länder zu vermeiden, also bei Steuerwohnsitz in Deutschland auch eine Adresse in Deutschland angeben und nicht die der Tante in Frankreich, nur weil diese zuverlässig die Post weiterleitet.

Der Kontoinhaber des bei der Plattform hinterlegten Bankkontos sollte mit dem des Accountinhabers bei der Plattform übereinstimmen.

Wenn du außerhalb der EU wohnst aber eine EU Adresse angegeben hast, solltest du ein steuerliches Ansässigkeitszertifikat eines anderen Landes vorweisen können.

Wenn du dich ohne Wohnsitz in der EU aufhältst und deine Leistungen auf der Plattform über (d)ein Unternehmen angeboten werden, solltest du darauf achten, dass du keine Betriebsstätte oder einen effektiven Ort der Geschäftsführung in einem EU Land auslöst, der dann dort zur Besteuerung führt. Hast du ein non-EU Unternehmen hinterlegt, kann es sinnvoll sein auch ein non-EU Konto als Auszahlungsweg zu hinterlegen.

„Raus aus der EU“ als Lösung gegen DAC7?

Auch wenn das als erste Lösung interessant scheint, einfach das Unternehmen, die Adresse und Steuernummer eines non-EU Landes zu verwenden, dürfte dies mittelfristig zu kurz greifen, denn es gibt auch außerhalb Europas ein zu DAC7 vergleichbares Modell namens MRDP (Model Rules for Reporting by Platform Operators with respect to Sellers in the Sharing and Gig Economy), bei der sich die teilnehmenden Staaten auf ein leicht abweichendes, aber grundsätzlich verlgeichbares Meldeverfahren einigen. Welches Land in welchem Umfang an MRDP oder generell dem Datenaustausch teilnimmt lässt sich in dieser Aufstellung nachvollziehen.

Wie geht es weiter?

Nachdem die EU nun den Weg vorgegeben hat, haben die Mitgliedsstaaten jetzt bis 2022 Zeit, das ganze ins nationale Recht zu gießen, also lokale Prozesse festzulegen und Strafen für die Plattformen zu beschließen, die sich nicht kooperativ zeigen. Diese Zeit solltest du bereits nutzen, und dein Business „fit“ für DAC7 zu machen, und spätestens am 31. Dezember 2022 auf allen Plattformen die „richtigen“ Daten hinterlegt haben.

Fazit:

Mittelfristig ist es also noch wichtiger, sich als ortsunabhängiger Unternehmer sowohl mit seinem privaten (Steuer-)wohnsitz als auch seiner Firmenstruktur „sauber“ aufzustellen, da Grauzonen immer stärker durch den automatisierten Datenaustausch aufgedeckt und im besten Fall nur zu Rückfragen, im schlimmsten zu einer ungewollten steuerlichen Ansässigkeit führen können. Auch wird der „kreativen Buchführung“ bei der Nutzung von Plattformen ein Riegel vorgeschoben, da für die EU Finanzbehörden nun leicht nachprüfbar wird, wie viel man wirklich über Onlineplattformen verdient hat.

Wie du dein ortsunabhängiges Unternehmen fit für DAC7 und MRDP machen kannst erkläre ich dir gerne individuell in einer persönlichen Beratung.